taz.de -- Krieg in der Ukraine und die Brotpreise: „Alle Kosten gehen nach oben“

Wegen des Kriegs wird das Mehl knapp und teurer. Trotz regionaler Produkte spürt das auch der Bio-Handel, sagt LPG-Geschäftsführer Dieter Kuhn.
Bild: Dieter Kuhn setzt als LPG-Geschäftsführer natürlich auf bio

taz: Herr Kuhn, vielerorts werden wegen des Krieges in der Ukraine bestimmte Produkte knapp. Wie ist das bei der LPG?

Dieter Kuhn: Bei uns gibt es noch alles. Wir haben vorgesorgt und unsere Lagerbestände aufgefüllt.

Sie meinen, als der Krieg losging, haben Sie gedacht: Jetzt kaufen wir besser mal Produkte ein, die bald knapp werden?

Ja, genau.

Sehr weitsichtig. Was wird denn mittlerweile knapp?

Wie gesagt, bei uns ist das bisher nicht der Fall. Aber man merkt die Preissprünge bei Mehl, Pflanzenöl, Fleisch. Das hat aber auch mit der Pandemie zu tun.

Inwiefern?

Durch die Pandemie wurde zum Beispiel die Nachfrage nach Biolebensmitteln größer. Weil viel im Homeoffice gearbeitet wurde, die Restaurants teilweise geschlossen waren – und schon dadurch stiegen die Preise. Jetzt kommen mit der Ukrainekrise steigende Energiekosten hinzu – etwa bei der Herstellung von Tierfutter. Alle Kosten gehen nach oben: Energie, Löhne, dazu die steigende Nachfrage – das ist ein Preiskarussell nach oben.

Verstehe.

Auch Transportwege werden teurer mit den steigenden Energiekosten. An diesem Punkt können wir zwar etwas gegensteuern, weil wir einen extremen Bezug haben zur Region, womit bei vielen Produkten für uns lange Transportwege wegfallen. Aber es gibt halt Produkte wie Tomaten oder Nudeln, die gibt’s hier nicht. Die beziehen wir von unseren Händlern aus Italien – mit steigenden Kosten.

Nehmen wir das Beispiel Mehl. Das bekommen Sie aus der Region, richtig?

Ja.

Das heißt, mit dem Krieg hängen hier Preissteigerungen kaum zusammen, oder?

Doch, grundsätzlich schon. Wenn in der Ukraine der Weizen knapp wird, sind die konventionellen Lebensmittelhändler und -produzenten gezwungen zu schauen, wo es noch Weizen gibt. Die Nachfrage nach Weizen wird also generell größer – und somit auch die nach Bioweizen.

Also ist Ihr Mehl teurer geworden?

Wir merken das im Moment noch nicht, weil wir uns den Weizen, den wir als Mehl im Supermarkt verkaufen und den wir für unsere Ufa-Bäckerei brauchen, schon vor dem Ukraine-Krieg gesichert haben. Wir haben mit den Bauern in der Region voriges Jahr Kontingente für dieses Jahr vereinbart, sodass sie eine Sicherheit haben, wie viel Mehl sie für einen vereinbarten Preis an uns abgeben. So können wir auch die Preise in unseren Märkten für unsere Kunden stabil halten.

Aber was ist nächstes Jahr?

Die Vereinbarung gilt auch für das kommende Jahr – wir haben immer längerfristige Verträge mit den Bauern.

Wo wächst in der Region überhaupt Weizen?

Wir arbeiten unter anderem mit der Mühle Rosenkranz zusammen, die Verträge mit Bauern in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern hat.

Wenn also die Rede davon ist, dass das Brot demnächst 10 Euro kosten soll, trifft das Ihre Bäckerei-Abteilung nicht?

Nein. Das gehört auch zu unserer Preispolitik. Wir haben uns entschieden, dass wir bei so genannten Eckartikeln wie Milch, Brot, Kaffee, Wein die Preise nicht erhöhen. Bei uns gibt es immer ein Brot für 1,99 – das können wir anbieten, weil wir selber backen und das Mehl in der Region einkaufen. Das ist unser Beitrag, damit auch Leute mit weniger Geld Bio einkaufen können.

Was fällt Ihnen auf der Käuferseite auf: Was hat sich da geändert durch den Krieg?

Sagen wir es so: Durch die hohe Inflationsrate gibt der Käufer das Geld bewusster aus. Außerdem macht er jetzt wieder Sachen, die er in der Pandemie nicht gemacht hat: Man fährt wieder mehr weg. Das heißt, während der Pandemie habe ich die Flasche Wein für 6 Euro gekauft, weil ich nicht essen gegangen bin, sondern zu Hause gekocht habe. Jetzt kaufe ich eher den günstigen Wein für 1,99, weil ich mein Geld lieber für Reisen ausgehe – oder ich spare etwas aus Angst vor der Zukunft.

4 May 2022

AUTOREN

Susanne Memarnia

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