taz.de -- Science-Fiction-Neuverfilmung „Dune“: Die Würze der Zukunft

In der Zukunft, wie „Dune“ sie erzählt, scheint die Ökologie von linkem Denken befreit. Sehenswert ist der Film von Denis Villeneuve dennoch.
Bild: Fit für die Wüste: Paul Atreides (Timothée Chalamet) und Lady Jessica (Rebecca Ferguson)

Als der [1][Science-Fiction-Film „Dune“ auf den Filmfestspielen von Venedig Premiere] feierte, hielten sich Euphorie und Skepsis vorab ein bisschen die Waage. Hat der Stoff, der gleichnamige Romanzyklus des US-amerikanischen Schriftsteller Frank Herbert, doch eine nicht eben glückliche Adaptionsgeschichte.

Mehrere Regisseure, darunter Stanley Kubrick und Alejandro Jodorowsky, scheiterten am Versuch, ihn zu verfilmen, David Lynch gelang 1984 die erste Leinwandfassung. Die bei allen sympathischen psychedelischen Einschlägen, mit derer Lynch die Geschichte, genauer, deren ersten Teil, versah, eher verhalten aufgenommen wurde. Jetzt folgt der kanadische Regisseur Denis Villeneuve mit seiner Neuverfilmung. Und wie deren Ende verspricht, sollen weitere Teile folgen.

Bei dem bisher erfolgreichsten Science-Fiction-Roman aller Zeiten dürfte anhaltendes Interesse zu erwarten sein. Was auch mit dem großen Thema dieser Erzählung zu tun haben könnte. Neben Religion und Politik ist vor allem Ökologie eine Frage, um die das Geschehen auf dem Planeten Arrakis, dem Hauptort der Handlung, kreist.

Arrakis, der Wüstenplanet, ist bei Villeneuve als sorgsam verstaubte Sandödnis ins Bild gesetzt. Assoziationen zur Klimakrise auf der Erde sind vermutlich vom Regisseur erwünscht. Und in der Zukunft hat sich im Hinblick auf die Ökologie im interplanetaren Maßstab nicht allzu viel geändert.

So ist zumindest Arrakis für die Herrscher anderer Planeten – in dieser Zukunft haben Adelshäuser die Demokratien abgelöst – vornehmlich eine gigantische Rohstoffressource. Im Sand gibt es das „Spice“, zu Deutsch Gewürz, einen Stoff, der unter anderem für die interplanetare Raumfahrt genutzt wird, mithin ein umkämpftes Gut.

Recycling von Körperflüssigkeiten

Andererseits gibt es auf Arrakis die „Fremen“. Diese Menschen mit blauen Augen, die sich im Film ethnisch unterscheiden von den vorwiegend weißen Adelshäusern, die als Imperatoren den Abbau von Spice beaufsichtigen, leben zurückgezogen unter der Oberfläche des Planeten. Und wie Villeneuve andeutet, sind sie sehr geschickt im Haushalten und Recycling von Ressourcen. Selbst die eigenen Körperflüssigkeiten und Ausscheidungen verstehen sie effektiv aufzubereiten.

Demokratisch verfasst sind auch sie nicht, stattdessen warten sie auf eine Art Messias, smart-charmant gegeben von Timothée Chalamet in der Rolle des Paul Atreides.

In der Zukunft, von der „Dune“ erzählt, sind Fragen wie der [2][Klimaschutz mithin gründlich „vom linken Denken befreit“]. Das passt zu der wuchtigen, an „Star Wars“ angelehnten Ästhetik, die Villeneuve wählt, mit riesenhaften Wüstenförderanlagen und monolithisch flächigen Raumschiffen, die meisten Szenen unterlegt mit den repetitiven synthetischen Orchesterklängen von Hans Zimmer, die in erster Linie überwältigen wollen.

Wie schon in seinem [3][grandiosen Science-Fiction-Film „Arrival“] versteht sich Villeneuve andererseits auf liebevoll ausgestaltete Welten, am schönsten vielleicht die Ornithopter, Hubschraubern ähnliche Fluggeräte, deren Tragflächen sich wie Flügel ausklappen lassen und die dann im Flatterflug für Auftrieb sorgen. In technischer Hinsicht scheint diese Zukunft jedenfalls gar nicht mal unattraktiv. Das mit der Demokratie bleibt ein zu rettendes Projekt.

18 Sep 2021

LINKS

[1] /Start-der-Filmfestspiele-von-Venedig/!5796924
[2] /FDP-Chef-Lindner-ueber-Klimapolitik/!5797246
[3] /Science-Fiction-Film-Arrival/!5356583

AUTOREN

Tim Caspar Boehme

TAGS

Spielfilm
Science-Fiction
Romanverfilmung
Ökologie
Demokratie
GNS
Science-Fiction
Oscars
Oscars
Science-Fiction
taz Plan
Spielfilm
FDP
Kolumne Lidokino
Science-Fiction

ARTIKEL ZUM THEMA

Science-Fiction „Dune – Part 2“: Die Mähne des Propheten

Wie ein Best-of-Sci-Fi wirkt „Dune – Part 2“ des kanadischen Regisseur Denis Villeneuve. Seine Romanverfilmung bietet reichlich spektakuläre Bilder.

Die Oscars 2022: „Coda“ als bester Film gekürt

Die Tragikomödie „Coda“, die vom Aufwachsen in einer gehörlosen Familie erzählt, wird bester Film. Die meisten Oscars gehen an „Dune“. Will Smith sorgt für Irritation.

Vor der Oscarverleihung 2022: Western zwölfmal nominiert

Aussichtsreichster Oscarkandidat ist der Western „The Power of the Dog“, eng gefolgt von „Dune“. Streaming-Portale machen den etablierten Studios viel Konkurrenz.

„Dune“-Buch versteigert: Fans wollen Serie umsetzen

„Dune“-Fans haben für 2,66 Millionen Euro ein Buch zum nie veröffentlichten Film von 1975 ersteigert. Ohne Lizenz soll daraus eine Serie entstehen.

Neue Musik aus Berlin: Stabile Verbindungen

Der Keyboarder Ulrich Schnauss und der Gitarrist Mark Peters lassen es gern fließen. Mit „Destiny Waiving“ legt das Duo sein drittes Album vor.

„Helden der Wahrscheinlichkeit“ im Kino: Zusammenkunft der Versehrten

„Helden der Wahrscheinlichkeit“ ist eine schwarze Komödie mit Mads Mikkelsen. Sie erzählt vom Kampf gegen Verlust und Trauer.

FDP-Chef Lindner über Klimapolitik: „German engineered Klimaschutz“

Der FDP-Vorsitzende Christian Lindner setzt beim Klimaschutz auf den Markt und neue Technologien. Ein Gespräch über Freiheit in der Klimakrise.

Start der Filmfestspiele von Venedig: Mütter, Dünen, grüne Pässe

Die Filmfestspiele von Venedig starten ihre zweite Pandemie-Ausgabe. Die Neuverfilmung von „Dune“ wird mit Spannung erwartet – ebenso wie Jane Campion.

Science-Fiction-Film „Arrival“: Das Wort als Waffe

Regisseur Denis Villeneuve zeigt aufgeräumte Bildwelten fast ohne Gekloppe. Stattdessen lässt er eine Linguistin den Weltfrieden sichern.