taz.de -- Förderung von Plug-In-Hybriden: Ladekabel verstaubt im Kofferraum

Dank üppiger Subventionen boomen E-Autos. Allerdings werden auch die zweifelhaften Plug-In-Hybride gefördert – das muss aufhören.
Bild: Auch so ein Auto mit kombiniertem Verbrenner- und E-Motor wird gefördert

Ein Hoch auf [1][Schwieberdingen]! Die Gemeinde zwischen Ludwigsburg und Stuttgart steht unter Strom: Gerade mal 11.000 Einwohner hat Schwieberdingen, aber 70 Ladepunkte für Elektroautos. Schwieberdingen ist damit Spitze in Sachen Elektromobilität bei den kleineren Orten in Deutschland – und ein weiteres Indiz dafür, dass die Mobilitätswende just in diesen Tagen angefangen hat. Denn: Noch immer ist eine gefühlt zu niedrige Reichweite der Stromer laut einer Umfrage Grund für fast die Hälfte aller Autokäufer:innen, zum Verbrennungsmotor zu greifen.

Jahrelang galt die Ankündigung der Bundesregierung, [2][dass bis 2020 eine Million Elektroautos auf deutschen Straßen fahren sollten], als Running Gag aus dem Haus der verschiedenen Verkehrsminister von SPD und CSU. Das Ziel galt als absolut utopisch. Fakt ist, dass die Marke Anfang Juli 2021 geknackt wurde – nur ein halbes Jahr später als prognostiziert.

Geholfen hat die gesellschaftlich veränderte Diskussion über den Klimawandel – noch ein Hoch auch auf die Fridays – und natürlich die vor einem Jahr verdoppelten Kaufprämien aus der Staatskasse. Die Förderung wurde in der vergangenen Woche sogar bis zum Jahr 2025 verlängert.

Dabei kostet die E-Transformation richtig Geld: Mit fast 2 Milliarden Euro belasten die Stromer alle Steuerzahler:innen jährlich. Aber die Investitionen sind richtig, denn auch im vergangenen (Corona-)Jahr war der Verkehrssektor noch für fast 20 Prozent der hiesigen Treibhausgasemissionen verantwortlich.

E-Autos boomen, die Statistik hat aber einen traurigen Schönheitsfehler: die Plug-in-Hybride. [3][Diese machen fast die Hälfte der geförderten neuen Autos mit Alternativantrieb aus], verpesten aber die meiste Zeit ihres Daseins weiter Umwelt und Klima. Der Grund: Viele der Kisten sind Firmenfahrzeuge oder Taxen, die Fahrer:innen haben eine Gratistankkarte. Ergo: Die Ladekabel liegen oft ungenutzt im Kofferraum.

Allein im Juni kassierten so Autokäufer:innen über 31.000 Mal bis zu 6.750 Euro Prämie für ein Auto, das sie mehr als Stinker denn als Stromer fahren. Ein absoluter Missstand – dessen Behebung eine Hausaufgabe für die neue Bundesregierung ist.

12 Jul 2021

LINKS

[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Schwieberdingen
[2] /Fortschritte-bei-E-Autos/!5778896
[3] https://www.kba.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2021/Fahrzeugzulassungen/pm29_2021_n_06_21_pm_komplett.html?nn=3033666

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Kai Schöneberg

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