taz.de -- David Graeber ist tot: Anarchist und Professor
Er war Wissenschaftler, Autor, wütend auf das System. Am Mittwoch ist David Graeber, Mitbegründer der Occupy-Bewegung, in Venedig gestorben.
[1][David Graeber, Anthropologe, Buchautor und „Vater der Occupy-Bewegung“,] ist gestorben. Am Donnerstag [2][bestätigte seine Frau Nika Dubrovsky seinen Tod auf Twitter]: „Gestern ist die beste Person der Welt, mein Mann und Freund in einem Krankenhaus in Venedig gestorben“, schreibt die Künstlerin und Autorin. Nähere Umstände seines Todes sind bisher nicht bekannt. Graeber wurde 59 Jahre alt.
Berühmtheit erlangte Graeber, der sich selbst als Anarchist bezeichnete, vor allem durch seine Bücher wie [3][„Schulden: Die ersten 5000 Jahre“], das sich in Deutschland bereits in den ersten zwei Wochen nach seinem Erscheinen 2012 über 30.000-mal verkaufte. Anekdotenreich plädiert er darin für eine Abschaffung jener politischen und wirtschaftlichen Systeme, die davon leben, dass Menschen Schulden aufnehmen müssen.
Zudem gilt Graeber als einer der Initiatoren der Occupy-Bewegung 2011 und [4][Miturheber ihres Slogan „We are the 99%]“. In seinen Büchern beobachtete Graeber kritisch Gesellschaft, Polizei und den homo oeconomicus. So schrieb er 2018 in [5][„Bullshit Jobs: Vom wahren Sinn der Arbeit“], dass bis zu 40 Prozent der Arbeit in der Industriegesellschaft unnötig seien – und von den Arbeiter*innen auch als unsinnig wahrgenommen werden. „Der moralische und spirituelle Schaden, der hier aus dieser Situation resultiert, ist schwerwiegend. Es ist eine Wunde in unserer kollektiven Seele.“
Bis 2007 unterrichtete der 1961 in den USA geborene Graeber Ethnologie an der Yale University. 2008 wechselte er an die University of London und nahm 2013 eine Professur an die London School of Economics an. Graeber stand der Umweltbewegung nahe und sprach 2019 bei Protesten von Extinction Rebellion auf dem Trafalgar Square in London. Sein Lösungsansatz für den Klimawandel: Konsumverzicht.
3 Sep 2020
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