taz.de -- Europäische Solidarität: Grenzenlos helfen

Mit europaweiten Spenden lässt sich europäische Bürger-Solidarität umsetzen. Unser Gemeinnützigkeitsrecht erschwert dies aber massiv.
Bild: Krankenschwester bei einem Hausbesuch in Barcelona

Die Einsamkeit der Corona-Erkrankten ist auch in italienischen Altenheimen herzzerreißend. Ebenso rufen uns die Augen der Menschen im [1][Flüchtlingslager Moria] auf Lesbos zum Handeln auf. Warum folgt dem Mitgefühl nicht eine Welle grenzüberschreitender Spenden und Förderungen? Vielleicht fehlt uns individuell manchmal ein offenes Herz für unsere Mitmenschen.

Aber ganz sicher fehlt unserem Gesetzgeber Herz und Verstand: Jeder deutsche Spender, Verein und Stiftung ist nämlich verpflichtet, zu prüfen und nachzuweisen, ob das italienische Altenheim mit einem deutschen Altenheim in gemeinnütziger Trägerschaft vergleichbar ist. Und zusätzlich muss dokumentiert werden, dass die Spende zum „Ansehen der Bundesrepublik im Ausland“ beitragen kann. Irrt sich ein Vereinsvorstand in seiner Bewertung, riskiert er den Gemeinnützigkeitsstatus. Spender*innen verlieren das Recht zum Steuerabzug.

Wie kaltherzig war die Mehrheit im deutschen Bundestag, dass sie solche Anforderungen in § 51 Abgabenordnung und gleichlautend in § 10b Einkommensteuergesetz erfunden haben? Dabei hatte der Europäische Gerichtshof schon 2009 geurteilt, dass ein deutscher Spender selbst dann den steuerwirksamen Spendenabzug erhalten solle, wenn er an ein portugiesisches Altenheim spendet. Diese für Spender und Gemeinnützige riskanten Bewertungsspielräume und die Beweislast gehören sofort abgeschafft!

Wir können mehr, als [2][Grenzen zu schließen]! Wenn ein Virus keine Grenzen kennt, dann sollte eine deutsche Spende das auch nicht. Deutsche Spender, Stiftungen und Vereine müssen jetzt vorbehaltslos ihre europäischen Freunde unterstützen dürfen. #zuHausebleiben reicht nicht, wir müssen #Europableiben!

11 Apr 2020

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Falk

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