taz.de -- Türkische Militäroffensive in Nordsyrien: Bei Protesten darf es nicht bleiben

Der Einmarsch in Nordsyrien darf nicht nur auf der Agenda linker Parteien und Organisationen stehen. Die Situation der Menschen dort geht uns alle an.
Bild: Seit Beginn der türkischen Militäroffensive gab es in vielen deutschen Städten Proteste

Die Katastrophe, vor der gewarnt wurde, hat schon längst begonnen. [1][Türkische Truppen haben die syrische Grenze überquert], erste Ziele wurden bombardiert. Mittlerweile hat es etliche Tote und Verletzte gegeben. Die Folgen sind klar: [2][humanitäres Desaster], Destabilisierung der Region und Wiedererstarken des IS. Dieser Krieg betrifft in erster Linie die Menschen in Rojava, hat aber auch Folgen für Europa. Die Zeit des Warnens und Verurteilens ist vorbei. Jetzt muss gehandelt werden.

Flugverbotszone, die Nato-Mitgliedschaft der Türkei sollte mit sofortiger Wirkung eingefroren werden und die UN müssen Blauhelm-Soldaten im Grenzgebiet stationieren.

Seit Beginn der türkischen Militäroffensive gab es in vielen deutschen Städten Proteste. Vor allem AkteurInnen der kurdischen und deutschen Linken haben diese Proteste organisiert. Das ist gut so. Aber allein bei Protesten darf es nicht bleiben. Werden Verbrechen gegen die Menschlichkeit verübt, geht das alle etwas an. Auch konservative PolitikerInnen und die bürgerliche Mitte.

Solidarität gilt der multiehnischen Zivilbevölkerung

Der Einmarsch in Rojava, der Krieg gegen die Zivilbevölkerung, darf nicht nur auf der Agenda von linken Parteien und Organisationen stehen. Egal wie man politisch zu der Demokratischen Föderation Nord- und Ostsyrien steht, ob man ideologisch mit der YPG übereinstimmt oder nicht – Solidarität gilt der multiethnischen Bevölkerung im Norden Syriens.

Die deutsche Zivilgesellschaft muss Druck auf die Politik ausüben, das gilt auch für die türkischen Communitys. Die YPG hat längst angekündigt, sich zehn Kilometer von der Grenze zurückziehen zu wollen, wenn gleichzeitig eine international überwachte Pufferzone im Grenzgebiet errichtet wird. Erdoğan hat dieses Angebot nicht angenommen. Der Einmarsch in Rojava ist ein völkerrechtswidriger Angriffskrieg eines Nato-Mitglieds und sollte höchste Priorität für alle politischen Parteien in Deutschland haben.

Hier geht es darum, eine Rückkehr des IS und die Vertreibung von hunderttausenden Menschen zu verhindern, eine ethnische Säuberung zu stoppen und Menschenleben zu retten. Die deutsche Zivilgesellschaft muss Druck auf die Politik ausüben. Auch die türkischen Communities in Deutschland, die – bis auf ein paar einzelne Akteure – schweigen oder die ethnische Säuberung lautstark begrüßen.

12 Oct 2019

LINKS

[1] /Erdoans-Einmarsch-in-Nordsyrien/!5628761
[2] /UN-Hilfskoordinator-ueber-Nordsyrien/!5632701

AUTOREN

Ronya Othmann

TAGS

Schwerpunkt Syrische Demokratische Kräfte (SDF)
Schwerpunkt Syrien
Rojava
Schwerpunkt Syrien
Schwerpunkt Syrien
Kurden
Türkei
Recep Tayyip Erdoğan

ARTIKEL ZUM THEMA

Türkische Angriffe in Syrien: Erdoğans Vernichtungskrieg

Antikurdischer Rassismus prägt die Türkei seit jeher. Mit „berechtigten Sicherheitsinteressen“ haben die Angriffe auf Rojava nichts zu tun.

Türkische Militäroffensive in Syrien: Angriffe gehen weiter

Die Arabische Liga fordert ein sofortiges Ende der „Invasion“ des türkischen Militärs in Syrien. Auch Frankreich und die USA verschärfen den Ton.

Demo gegen Erdoğans Angriff in Berlin: Gemeinsam für Rojava

Am Donnerstag demonstrierten Tausende in Berlin-Kreuzberg gegen den türkischen Angriff auf die kurdischen Gebiete in Nordsyrien.

UN-Hilfskoordinator über Nordsyrien: „Bereiten uns aufs Schlimmste vor“

Zehntausende Zivilisten in Nordsyrien sind auf der Flucht. Panos Moumtzis, Leiter des UN-Hilfseinsatzes, fordert Zugang zu allen Bedürftigen.

Erdoğans Einmarsch in Nordsyrien: Die Welt darf nicht zuschauen

Erdoğan führt Krieg gegen die Kurden – und die westliche Welt lässt ihn gewähren und beliefert ihn mit Kriegsgerät. Das muss sofort aufhören.