taz.de -- EU-Mercosur-Pakt: Der Widerstand erreicht Brüssel

Das Abkommen zwischen der EU und den Mercosur-Staaten wackelt kräftig. Freihandel ohne Sanktionsmöglichkeiten findet nun auch die Kommission schwierig.
Bild: „Mercosur verkauft den Amazonas“: Proteste von Extinction Rebellion in Brüssel

Brüssel taz | Das größte Freihandelsabkommen der Welt zwischen der EU und den Mercosur-Staaten steht auf der Kippe. Nach der Bundesregierung in Berlin äußerte erstmals auch die EU-Kommission in Brüssel Zweifel an der Ratifizierung des Mercosur-Deals. Auch das Europaparlament geht auf die Barrikaden – es fordert Garantien und Nachbesserungen.

„Bei den Anhörungen der neuen EU-Kommission wird Mercosur eine zentrale Rolle spielen“, sagte die grüne Europa-Abgeordnete Anna Cavazzini der taz. Die designierten neuen Kommissare für Handel und Umwelt und die künftige Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) müssten sich bei den Hearings im Herbst auf harte Fragen einstellen.

Die Grünen, aber auch Sozialdemokraten und Liberale wollen sicherstellen, dass Verstöße gegen den Klimaschutz – wie aktuell durch Brandrodung im Amazonas – geahndet werden. Bisher ist das nicht der Fall. „Das Abkommen ist zahnlos, die Umweltstandards sind nicht einklagbar“, kritisiert Cavazzini. Es fehle ein Sanktionsmechanismus.

Dies hat auch die EU-Kommission eingeräumt, die das Abkommen im Juni ausgehandelt hatte. Wirtschaftssanktionen seien nicht geplant, [1][hatte auch die Generaldirektorin für Handel, Sabine Weyand, in Berlin erklärt]. Die Brüsseler Behörde versucht deshalb, schon jetzt Druck auf Brasilien auszuüben, um das Abkommen zu retten.

Keine Ratifizierung, wenn der Regenwald brennt

„Es ist schwer, sich eine harmonische Ratifizierung vorzustellen, wenn der Regenwald brennt“, sagte eine Sprecherin von Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. Zuvor hatten Frankreich, Irland und Luxemburg angekündigt, das Abkommen abzulehnen. Auch die Bundesregierung hatte sich zuletzt skeptisch geäußert.

Damit das Abkommen in Kraft tritt, müssen alle EU-Staaten zustimmen. Auch das Europaparlament muss grünes Licht geben. Die Anhänger des schrankenlosen Freihandels in Brüssel fürchten bereits, dass es beim Mercosur-Deal eine ähnliche Hängepartie geben könnte wie einst bei TTIP und Ceta.

Die Abkommen mit den USA und Kanada waren durch massive Proteste ausgebremst worden. TTIP wurde schließlich fallen gelassen, Ceta ist bis heute nicht von allen EU-Staaten ratifiziert worden.

30 Aug 2019

LINKS

[1] /Handelsabkommen-mit-Mercosur-Staaten/!5620280

AUTOREN

Eric Bonse

TAGS

Mercosur
Kommission
Amazonas
EU
Bundesverfassungsgericht
EU-Präsidentschaft
Schwerpunkt TTIP
Migration
Mercosur
Mercosur
Jair Bolsonaro
Brasilien
Wir retten die Welt
Mercosur
Regenwald
Schwerpunkt Emmanuel Macron

ARTIKEL ZUM THEMA

BVerfG zu Freihandelsabkommen Ceta: Blankoscheck für die Regierung?

Die Linksfraktion hat 2016 Verfassungsklage gegen die Zustimmung des Bundestags zu Ceta erhoben. Am Dienstag wird in Karlsruhe darüber verhandelt.

Plan für deutsche EU-Präsidentschaft: Berlin will Mercosur durchdrücken

Exklusiv: Unter deutscher Führung soll die EU auch über ein neues TTIP-Abkommen mit den USA verhandeln. Das dürfte auf Widerstand stoßen.

Fehlende Transparenz bei Handel: Geheime Deals mit den USA?

Vor seiner Anhörung im Europaparlament ist der designierte EU-Handelskommissar Phil Hogan unter Druck geraten. Aktivisten befürchten ein „TTIP light“.

Künftige EU-Kommissionspräsidentin: Von der Leyen überzeugte nicht

Die designierte EU-Kommissionspräsidentin spricht von einem Missverständnis. Der „Schutz der europäischen Lebensweise“ schließe niemanden aus.

Freihandelsabkommen EU/Mercosur: Auch Deutschland soll aussteigen

Österreich will den Pakt der EU mit dem Mercosur auf Eis legen. Grüne und Linke fordern, dass auch Deutschland Nein zu dem Abkommen sagt.

EU-Mercosur-Freihandelsabkommen: Pakt soll Sanktionen vorsehen

Die Bundesregierung räumt ein, dass der Mercosur-Vertrag keine Maßnahmen etwa gegen Brandrodungen vorsieht. Die EU soll mögliche Strafen prüfen.

Biologin über Amazonasbrände: „Unser Verbrauch ist zu hoch“

Den eigenen Lebensstil im Auge behalten: Warum Europas Ratschläge für den Schutz des Amazonas unglaubwürdig sind, erklärt die Biologin Jutta Kill.

Waldbrände im Amazonasgebiet: Brasilien pocht auf seine Hoheit

Brasiliens Präsident Bolsonaro hat nach einem Telefonat mit Kanzlerin Merkel seine Sicht der Dinge dargelegt. In Berlin gibt es Ideen für neuen Druck.

Brennende Amazonas-Wälder: Die Vernunft der Brandstifter

Alle schimpfen über den Feuerteufel Bolsonaro. Aber solange wir unser Agrarsystem nicht ändern, ist es logisch, den Amazonas niederzubrennen.

Handelsabkommen mit Mercosur-Staaten: Keine Strafen für Regenwaldrodung

Der Vertrag mit dem Mercosur sieht keine Sanktionen vor, wenn ein Land wie Brasilien illegal Wald rodet. Das räumte die Europäische Kommission nun ein.

Waldbrände in Brasilien: Gouverneure geben Bolsonaro Kontra

Die regionalen Regierungschefs der Amazonasregion sorgen sich um das Image des Landes. Selbst die Landwirte mahnen zur Mäßigung.

Umgang mit Jair Bolsonaro: Europäer müssten viel mehr zahlen

Statt zu kritisieren, müssten die Europäer Brasiliens Präsident Geld bieten. Viel Geld. Nur so ließe sich die Zerstörung des Regenwalds verhindern.