taz.de -- Linke Szenekneipe vor dem Aus: Ende Legende

Das „Syndikat“ gibt es seit 33 Jahren, Ende Dezember läuft der Mietvertrag aus. Juristisch sei wenig zu machen, sagt der Bezirk. Deswegen wird jetzt breit mobilisiert.
Bild: Muss zum Ende des Jahres schließen: das Syndikat in der Weisestraße

Es ist voll im „Syndikat“ in Nordneukölln. Dabei hat die Kneipe in der Weisestraße zu diesem Zeitpunkt eigentlich noch gar nicht offen. Doch der Grund für das Treffen am späten Freitagnachmittag ist dringlich: Das Kollektiv der Kiezkneipe will Gäste und NachbarInnen informieren, dass sie zum Jahresende die Räume verlassen muss, in denen sie seit 33 Jahren ihr Domizil hat.

Die Hauseigentümerin, eine Luxemburger Briefkastenfirma, hatte dem Kollektiv bereits Anfang Juli die Kündigung geschickt. Doch die Kneipiers hofften auf Neuverhandlungen. Am 11. September gab es überraschend von der Eigentümerin eine Absage – ohne Begründung. Nun will das Kneipenkollektiv weitere Verhandlungsmöglichkeiten ausloten, braucht dazu aber die Unterstützung von Gästen und NachbarInnen.

Schließlich hat sich das Syndikat immer als Teil der linken Kiezkultur rund um die Weisestraße verstanden. Es organisiert jährlich im August mit anderen Nachbarschaftsinitiativen ein Straßenfest, bei dem es neben dem Kampf gegen Gentrifizierung auch um Solidarität mit linken politischen Gefangenen in aller Welt geht.

Enge Kontakte unterhält das Syndikat mit dem benachbarten Stadtteilladen Lunte: Beide haben ihre Wurzeln in der autonomen Linken der 1980er Jahre, beide legen Wert auf gute Kontakte zu Menschen mit niedrigen Einkommen und ohne Hochschulabschluss. Wohl auch deswesen ist jetzt die Unterstützung aus der Nachbarschaft fürs Syndikat groß. Schon wenige Stunden nach Bekanntwerden der Kündigung tauchten erste Plakate unter dem Motto „Syndikat bleibt“ auf.

Ein Mitglied des Kneipenkollektivs betont, dass man den Kampf für den Erhalt des Syndikats in den Kontext des Widerstands gegen Verdrängung in ganz Berlin stellen möchte. So will man den Protest mit der linken Stadtteilkneipe Meuterei in Kreuzberg koordinieren, deren Mietvertrag im Mai 2019 ausläuft.

Unterstützung für das Syndikat kommt auch von der Neuköllner Bezirkspolitik: Der Bezirksrat für Stadtentwicklung, Jochen Biedermann (Grüne), der an dem Informationstreffen teilnahm, sieht zwar juristisch kaum Möglichkeiten, die Kündigung zu verhindern. Schließlich handelt es sich um einen Gewerbemietvertrag. Zudem sei bereits 2016 jede Wohnung und auch die Räumlichkeiten, in denen sich das Syndikat befindet, vom Eigentümer in einzelne Einheiten aufgeteilt worden. Biedermann zur taz: „Jetzt kann nur noch Druck der AnwohnerInnen verhindern, dass das Syndikat seine Räume verliert.“

Das sehen auch die TeilnehmerInnen der Veranstaltung so. „Mit dem Syndikat sollen auch wir aus dem Kiez verschwinden. Das wollen wir verhindern“, sagte ein älterer Nachbar. Die Mobilisierung läuft: Am 4. Oktober soll um 19 Uhr in den Räumen des Syndikats eine Kiezversammlung stattfinden. Es wird wieder eng werden.

30 Sep 2018

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Peter Nowak

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