taz.de -- Go! für Baggerarbeiten in der Elbe: Elbvertiefung kommt sofort
Nach jahrelangem Hin- und Her hat Hamburg jetzt die Planfeststellung zur Elbvertiefung erlassen. Die Bauarbeiten sollen umgehend beginnen.
Hamburg taz | Hamburg macht jetzt Ernst mit der Elbvertiefung. Die Wirtschaftsbehörde erließ am Donnerstag einen neuen Planungsbeschluss und ordnete die sofortige Vollziehbarkeit an. „Damit haben wir Baurecht. Die Ausführung kann jetzt unmittelbar beauftragt werden“, sagte Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos). Ob die Umweltverbände BUND, Nabu und WWF die Pläne erneut gerichtlich anfechten werden, ist noch offen. Sie haben jetzt vier Wochen Zeit, die Unterlagen genau zu prüfen.
Im Februar 2017 hatte das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig auf Klage der Naturschützer die damalige Planung [1][für „rechtswidrig und nicht vollziehbar“ erklärt]. In dem Urteil hatte das höchste deutsche Verwaltungsgericht verlangt, den weltweit nur an der Unterelbe lebenden und streng geschützten [2][Schierlings-Wasserfenchel] nachhaltig zu schützen. Seitdem versucht Hamburg, auf der Billwerder Elbinsel oberhalb der Stadt zwei ehemalige Wasserbecken so umzubauen, dass sie unter den Einfluss von Ebbe und Flut kommen und der endemische Doldenblütler dort auf 1,5 Hektar Fläche gedeihen kann.
„Wir haben seit Februar 2017 intensiv daran gearbeitet, die letzten Bedenken des Gerichts auszuräumen. Die Ergebnisse dieser Arbeit finden sich in dem heute vorgelegten Beschluss“, sagt Horch voller Optimismus. „Rechtlich steht der baulichen Umsetzung des Großprojekts nichts mehr im Weg.“
Die Unterelbe soll zwischen der Nordsee und dem Hamburger Hafen auf rund 120 Kilometer Länge vertieft und verbreitert werden. Dafür müssen etwa 40 Millionen Kubikmeter Schlick mit Saugbaggern aus dem Flussbett geholt und zum größten Teil in der Nordsee verklappt werden. Das entspricht rund zweieinhalb Millionen Lkw-Ladungen.
Ziel ist, dass die Riesencontainerfrachter der neuesten Generation – 400 Meter lang, mehr als 60 Meter breit – mit einem Tiefgang von 13,5 Metern den Hafen jederzeit anlaufen können, bei Hochwasser auch mit 14,5 Meter Tiefgang. Dafür muss die Fahrrinne auf etwa 19 Meter unter Normalnull (NN) ausgebaggert werden – etwas Sicherheitsabstand nach unten muss sein, damit die Schiffe bei Wellengang nicht aufsetzen.
Es wäre die neunte Elbvertiefung seit Erfindung des Dampfschiffs. Um 1800 war die Unterelbe nur rund drei Meter tief, 1818 erfolgte die erste Vertiefung auf 5,4 Meter unter NN. Die achte „Fahrrinnenanpassung“, wie das Projekt offiziell heißt, auf 16,8 Meter unter NN erfolgte 1999.
Die Baukosten von gut 600 Millionen Euro trägt zu zwei Dritteln der Bund, zu einem Drittel Hamburg. Weitere rund 160 Millionen Euro für zusätzliche Maßnahmen des Naturschutzes und der Deichsicherung muss Hamburg aufbringen – alles zusammen also rund 760 Millionen Euro. Diese Kostenschätzung stammt aus dem Jahr 2014. Tatsächlich dürfte die Milliardengrenze erreicht werden.
Die Hamburger Regierungsfraktion der SPD jubelte am Donnerstag: „Hamburg bleibt Hafenstadt von Weltrang“, frohlockte der hafenpolitische Sprecher Joachim Seeler. CDU und FDP mahnten die Umweltverbände, ihren Widerstand nun aufzugeben und die Elbvertiefung nicht weiter juristisch zu blockieren. Nun beginne endlich „der Aufholprozess, an andere Häfen verlorene Marktanteile zurückzugewinnen“, hofft der Unternehmensverband Hafen Hamburg.
Die drei Umweltverbände BUND, Nabu und WWF indes bleiben sperrig: „Wir werden den Planfeststellungsbeschluss jetzt fachlich und juristisch genau prüfen. Dafür haben wir einen Monat Zeit und werden dann entscheiden, ob wir auch diesen Planergänzungsbeschluss anfechten“, stellte ihr Aktionsbündnis am Donnerstagnachmittag klar.
23 Aug 2018
LINKS
AUTOREN
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Die Arbeiten für eine ökologische Ausgleichsfläche für den Schierlings-Wasserfenchel beginnen. Das ist Voraussetzung für die Elbvertiefung, die Hamburgs Hafen retten soll.
Die Umweltverbände können die Elbvertiefung zwar nicht mehr verhindern, aber sie haben wegweisende Klarstellungen im europäischen Umweltrecht erfochten.
Die Hamburger Umweltverbände BUND, Nabu und WWF wollen die Ausbaggerung der Elbe nicht mit einer einstweiligen Verfügung stoppen.
Frank Horch scheidet aus dem Amt, damit er sich besser um seine kranke Frau kümmern kann. Außerdem wechselt Senatskanzleichef Christoph Krupp nach Berlin.
Der Hamburger BUND-Vorsitzende Manfred Braasch über den jetzt möglicherweise zu Ende gehenden Kampf zur Rettung des Stroms.
Umweltschützer retteten mit ihrem Einspruch gegen die Elbvertiefung eine weltweit einzigartige Pflanze: den Schierlings-Wasserfenchel.
Obwohl die Planfeststellung für die Elbvertiefung noch gar nicht abgeschlossen ist, suchen die Planer bereits europaweit nach Schwimmbaggern.
Umweltverbände kritisieren in rechtlicher Würdigung die überarbeiteten Planungen für die Elbvertiefung. Es droht ein neues Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht.
Der Hamburger Hafen steckt in der Krise. Der Umschlag sinkt, die Konkurrenzzieht davon. Schuld ist angeblich die noch fehlende Elbvertiefung.