taz.de -- Politologe über Trump im Handelskonflikt: „Der Präsident steht unter Druck“

Die Glaubwürdigkeit der USA hat unter Trump gelitten, sagt der Peter Sparding. Die Verhandlungen laufen, doch die Drohkulisse des Präsidenten bleibt.
Bild: Die Verhandlungen gehen weiter

taz: Herr Sparding, viele dachten, direkt nach der Rückkehr der EU-Delegation aus Washington würde US-Präsident Trump Strafzölle auf Autos verkünden. Jetzt liest man überall vom „Deal“. Ist der Handelsstreit zwischen der EU und den USA zu Ende?

Peter Sparding: Das wissen wir noch nicht, dazu sind die Statements zu dünn. Ich bin positiv überrascht, dass es nicht zu einem weiteren Bruch kam. Das Ziel der EU, Zeitgewinn für neue Verhandlungen zu bekommen, ist erst einmal erreicht worden.

Vor Kurzem nannte Trump die Europäer noch „Feinde“, jetzt umarmt er EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. Ist das glaubhaft?

Das ist ein Problem, das die USA unter Trump generell haben: Die Glaubwürdigkeit hat in vielen politischen Bereichen gelitten. Aber: Der Präsident steht auch stark unter Druck. Es gibt schlechte Umfragen aus für Trump entscheidenden Staaten wie Michigan und Wisconsin, Trump musste US-Farmern versprechen, sie mit 12 Milliarden US-Dollar für Verdienstausfälle durch den Handelskonflikt zu entschädigen, die Prognosen und Aktienkurse der Autokonzerne GM und Fiat Chrysler sind wegen des Streits eingebrochen.

Schauen wir auf die Vereinbarung: Die EU kauft mehr Soja und Flüssiggas aus den USA. Zwei Punkte für Trump?

Na ja. Herr Juncker entscheidet ja nicht, was in Europa gekauft wird. Aber: Bei Sojabohnen werden die Europäer wahrscheinlich künftig ohnehin mehr kaufen, Juncker hat dies der US-Seite jedoch offenbar als neu schmackhaft gemacht.

Zudem gilt das US-Flüssiggas in Europa nicht als wettbewerbsfähig …

… eine Infrastruktur dafür gibt es in Europa auch nicht. Nur solange die Amerikaner sich mit dem Versprechen zufriedengeben, ist das kein Problem.

Zudem gibt es vorerst keine neuen Zölle auf Autos. Punkt für Juncker, oder?

Es gab die Aussage der EU, man würde nicht mit der Pistole auf der Brust verhandeln, jetzt ist man in Verhandlungen eingetreten. Die Zusatzzölle auf Aluminium und Stahl bleiben ja vorerst auch. Vielleicht ist das ein Erfolg im Vergleich zu den Erwartungen, die man hatte. Auf jeden Fall läuft meines Wissens die Untersuchung über die Einführung von Autozöllen im Wirtschaftsministerium weiter. Also: Trumps Drohkulisse bleibt.

Zölle auf Industriegüter sollen abgeschafft werden, Standards angeglichen, eine Art TTIP light – und die Franzosen sagen bereits: Non!

Die TTIP-Verhandlungen wurden ja nie offiziell beendet. Zölle waren damals auch nicht das Problem. Schwieriger ist, dass Frankreich die Landwirtschaft nicht dabeihaben will. Und dass es laut Trump keine Subventionen mehr geben soll: Wenn man sich anschaut, wie Boeing oder Airbus gefördert werden, klingt das etwas fantastisch.

Ist der Konflikt nach den Wahlen im Herbst noch aktuell?

Handel ist für Trump ein Thema, dazu hat er eine konsistente Haltung. Die prägt seine Präsidentschaft, vor allem mit Blick auf China. Auch hat er sich ja Deutschland schon mehrfach ausgeguckt. Aber: Es kommt natürlich auch darauf an, wie die midterms ausgehen.

26 Jul 2018

AUTOREN

Kai Schöneberg

TAGS

USA
EU
Jean-Claude Juncker
Donald Trump
Handel
Strafzölle
USA
Schwerpunkt Meta
Midterms
USA
Strafzölle
Zölle
Fracking
Mesut Özil
EU
Zölle
Zölle

ARTIKEL ZUM THEMA

USA weiten Handelsstreit mit EU aus: Strafzölle nun auch auf Käse

Die WTO erklärt die Airbus-Subventionen der EU für illegal und gestattet den USA, Strafzölle zu verhängen. Frankreich droht mit Vergeltung.

„Lame-Duck-Coup“ im US-Staat Wisconsin: Ein parlamentarischer Putsch

In Wisconsin wurden zahlreiche Landesgesetze geändert. Dadurch werden die Rechte des neuen demokratischen Gouverneurs beschränkt.

Midterm-Wahlen in den USA: Tindern für Wähler*innen

Zu wenig junge Menschen gehen in den USA wählen. Tech-Unternehmen wollen das ändern – und starten Kampagnen zur Wahlregistrierung.

Linke US-Demokraten: Die den Alten das Fürchten lehrt

Alexandria Ocasio-Cortez ist Latina. Sie war Bardame, Kellnerin und Sozialarbeiterin. Jetzt tritt die Linke bei den Parlamentswahlen an.

Kommentar Handelskonflikt USA-EU: Unsere Globalisierung ist in Gefahr

Atempause im Handelsstreit zwischen den USA und der EU. Das nutzt den Europäern wenig. Sie müssen ihr Geschäftsmodell sowieso ändern.

Handelskonflikt zwischen USA und China: USA kündigen neue Strafzölle an

Die USA und die EU haben sich darauf geeinigt, ihren Handelskonflikt beilegen zu wollen. Der Streit zwischen den USA und China eskaliert dagegen.

Handelskonflikt zwischen USA und China: Washington droht mit höheren Zöllen

US-Präsident Donald Trump will die geplanten Strafzölle gegen China höher ansetzen als geplant. Damit verschärft sich der Handelsstreit zwischen den Großmächten.

Wirtschaftsforscherin zu US-Gas-Importen: „Energiewirtschaftlich ist das sinnvoll“

Flüssiggas aus Fracking macht die Europäische Union bei der Energieversorgung unabhängiger von Russland, sagt DIW-Forscherin Claudia Kemfert.

Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?

Ryanairs Prinzip heißt ohne schicke Dienstkleidung „Zwangsprostitution“. Das Gute an der Causa Özil: Wir sprechen über das „Doppelherz“.

Handelsstreit zwischen EU und USA: Die Trump'sche Soja-Rochade

Der US-Präsident will die Folgen seiner Handelspolitik mit China abfedern. Weil Peking weniger Soja aus den USA kauft, soll Europa mehr importieren.

Kommentar Handelskonflikt EU-USA: Deal mit Dellen

Der Jubel über die Handelsvereinbarung zwischen der EU und den USA ist reines Wunschdenken. In Wirklichkeit ist das Ergebnis mau.

Handelsstreit zwischen EU und USA: Fracking und Soja statt Eskalation

Beim Treffen mit Trump hat EU-Kommissionspräsident Juncker wenig Konkretes erreicht. Doch neue Strafzölle soll es vorerst nicht geben.