taz.de -- DiEM25 peilt italienische Neuwahl an: Varoufakis' Bewegung will mitmischen

Die linke europäische Plattform DiEM25 will zur EU-Wahl 2019 antreten. Doch sie könnte noch woanders für Furore sorgen: bei der möglichen Neuwahl in Italien.
Bild: Sitzt DiEM25 bald im Palazzo Montecitorio, in der italienischen Abgeordnetenkammer?

Berlin taz | Das von Janis Varoufakis gegründete [1][Netzwerk Democracy in Europe Movement 2025 (DiEM25)] tritt womöglich bei den Neuwahlen in Italien an. Anfang Juni sollen die DiEM25-Mitglieder voraussichtlich darüber abstimmen können, bestätigte Lorenzo Marsili der taz, Mitglied im Koordinierungskollektiv auf internationaler Ebene und Beisitzer im italienischen Vorstand der Bewegung.

„Wir glauben, dass DiEM25 grob verantwortungslos handelte, wenn wir nicht darüber nachdenken würden“, sagte er. Bei dem Votum im Juni sollen nicht nur italienische, sondern auch alle DiEM25-Mitglieder aller anderen europäischen Länder mitentscheiden dürfen.

In Italien war am Sonntag die geplante europakritische Koalition zwischen der Fünf-Sterne-Bewegung und der rechtspopulistischen Lega geplatzt. Das Land steuert auf eine Neuwahl zu, die im September stattfinden könnte.

„Europa steht ganz klar im Zentrum dieser Wahl“, sagte Marsili. DiEM25 wolle die Ansicht aufbrechen, dass es für Italien nur zwei Möglichkeiten gebe: das Establishment, mit dem alles so bleibe, wie es ist – und die EU-kritischen Nationalisten.

Die vor zwei Jahren ausgerufene europäische Bewegung wolle nun auch in Italien eine Alternative sein. Es klinge vielleicht auf den ersten Blick widersprüchlich, sagt der Römer. „Aber wir wollen Antiestablishment und proeuropäisch sein.“ Das nationale politische Programm werde noch erarbeitet, speise sich aber auch aus den europäischen Zielen. Eine Basis dafür gebe es zumindest bereits.

„Antiestablishment und proeuropäisch“

Die Wahlen in Italien gingen alle EuropäerInnen an, betont Marsili. Doch die Sieger der letzten Wahl Anfang März haben mit einem anderen Kurs Erfolg: Die Fünf-Sterne-Bewegung und die Lega schimpfen etwa den Staatspräsidenten Sergio Mattarella einen Handlanger Deutschlands und der EU, weil dieser sich geweigert hatte, einen eurokritischen Finanz- und Wirtschaftsminister zu ernennen. Nun soll eine Bewegung in Italien Erfolg haben, bei der nicht nur ItalienerInnen entscheiden, ob sie überhaupt anzutreten versuchen?

Lorenzo Marsili sieht darin kein Hindernis. „Gerade unsere italienischen Mitglieder sind enthusiastisch, weil wir nicht noch eine Partei wie jede andere sind.“

29 May 2018

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Eva Oer

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