taz.de -- Nach Festnahme katalanischer Politiker: Puigdemont auf freien Fuß gesetzt

Der ehemalige Regionalpräsident und vier Ex-Minister sind aus der Haft entlassen worden. Sie dürfen Belgien aber vorerst nicht verlassen.
Bild: Jetzt wieder in Freiheit: Carles Puigdemont

Brüssel afp | Ein belgischer Richter hat den von Spanien abgesetzten katalanischen Regionalpräsidenten Carles Puigdemont unter Auflagen auf freien Fuß gesetzt. Wie die Brüsseler Staatsanwaltschaft in der Nacht zum Montag mitteilte, dürfen der mit europäischem Haftbefehl gesuchte Puigdemont und vier seiner Ex-Minister das Land vorerst aber nicht verlassen. Sie müssen binnen 15 Tagen vor einem Gericht erscheinen, das über die Vollstreckung der Haftbefehle entscheidet.

Puigdemont und seine Ex-Minister hatten sich am Sonntagmorgen [1][der belgischen Polizei gestellt] und waren vorläufig festgenommen worden. Nach einer stundenlangen Vernehmung entschied der Ermittlungsrichter auf Antrag der Staatsanwaltschaft, die fünf Katalanen unter Auflagen aus der Haft zu entlassen. Ein weißer Kleinbus, in dem Puigdemont vermutet wurde, verließ kurz vor Mitternacht das Gelände der Brüsseler Staatsanwaltschaft.

Puigdemont und seine vier Mitstreiter dürfen Belgien aber nicht ohne Einverständnis der Richters verlassen, wie die Staatsanwaltschaft erklärte. Sie müssen zudem die Adressen ihrer Aufenthaltsorte angeben und allen richterlichen und polizeilichen Vorladungen Folge leisten. Ein Gericht muss nun binnen 15 Tagen prüfen, ob es die von Spanien ausgestellten europäischen Haftbefehle vollstreckt.

Das Verfahren könnte sich aber auch noch weiter in die Länge ziehen: Nach Angaben des belgischen Justizministeriums muss die endgültige Entscheidung über die Haftbefehle binnen 60 oder – bei Vorliegen „außergewöhnlicher Umstände“ – binnen 90 Tagen getroffen werden. In der Regel wird ein europäischer Haftbefehl vollstreckt. Es kann aber auch Ausnahmen geben.

Die spanische Justiz hatte am Montag vor einer Woche Anklage gegen Puigdemont erhoben, der sich daraufhin juristischen Beistand in Brüssel suchte. Die spanischen Justizbehörden werfen Puigdemont und seinen ebenfalls abgesetzten Kabinettsmitgliedern wegen der Ereignisse rund um das Unabhängigkeitsreferendum vom 1. Oktober Rebellion, Aufruhr und die Veruntreuung öffentlicher Mittel vor.

Bis zu 30 Jahre Haft

Rebellion kann in Spanien mit bis zu 30 Jahren Gefängnis bestraft werden, Aufruhr mit bis zu 15 Jahren. Das belgische Recht kennt die beiden Tatbestände in dieser Form nicht.

Bereits am Donnerstag hatte ein Gericht in Madrid acht Mitglieder von Puigdemonts abgesetzter Regierung in Untersuchungshaft genommen, darunter seinen Stellvertreter Oriol Junqueras.

Puigdemont hatte am Samstag mitgeteilt, er halte sich für die belgischen Behörden zur Verfügung. „Wir sind bereit, vollständig mit der belgischen Justiz zusammenzuarbeiten“, schrieb er im Kurzbotschaftendienst Twitter.

Puigdemonts Katalanische Europäische Demokratische Partei (PDeCAT) erklärte am Sonntag, der 54-Jährige habe sich der belgischen Polizei gestellt, um sich in einem „fairen und objektiven Prozess zu verteidigen“. Dies sei in Belgien „möglich“, in Spanien aber „höchst zweifelhaft“.

Die Partei kündigte zudem an, Puigdemont bei der von Madrid für den 21. Dezember angesetzten Parlamentswahl in Katalonien zum Spitzenkandidaten zu machen. Er solle die „große Offensive“ für die Wahl im Dezember anführen, sagte PDeCAT-Sprecherin Marta Pascal vor Parteimitgliedern in Barcelona.

6 Nov 2017

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