taz.de -- Hilfe für Alleinerziehende in Bremen: Ohne Papa aus der Armut
Zur Verbesserung der Lage von Alleinerziehenden will der Senat ein Modellprojekt in Bremen-Nord und Tenever starten und ein Hilfsnetzwerk neu gründen.
BREMEN taz | Mit einem neuen Modellprojekt in Bremen-Nord und Tenever soll die Armut von Alleinerziehenden gelindert werden. Das bestätigte das Wirtschaftsressort nun der taz. Landesweit soll in Bremen zudem ein „Netzwerk für Alleinerziehende“ etabliert werden, das konkrete Maßnahmen für verschiedene Problemkomplexe zur Verbesserung der Lage von Alleinerziehenden erarbeiten soll.
Die Maßnahmen sind eine Konsequenz aus einer [1][Studie zur Lage von arbeitslosen Alleinerziehenden] im Land Bremen, die von der Arbeitnehmerkammer in Kooperation mit dem Senator für Wirtschaft, Arbeit und Häfen und unter Mithilfe der Jobcenter Bremen und Bremerhaven erhoben wurden. Die Befragung hatte ergeben, dass 69 Prozent der arbeitslosen Alleinerziehenden keine abgeschlossene Berufsausbildung haben.
Bundesweit die meisten Alleinerziehenden
Viele sind in Folge aufgrund schlechter Qualifikation selbst bei einer Erwerbsarbeit auf Leistungen vom Jobcenter angewiesen, 2.600 Alleinerziehende in einem „Teufelskreis aus Arbeitslosigkeit und Leistungsbezug ohne Perspektive auf Unabhängigkeit“, wie es in der Studie heißt. Im November soll die Wirtschaftsdeputation sich mit der Umsetzung der geplanten Vorhaben befassen.
In Bremen gibt es prozentual gesehen bundesweit am meisten Alleinerziehende. Zudem steigen die Zahlen kontinuierlich. Fast jedes dritte Kind wächst bei nur einem Elternteil auf – in über 90 Prozent der Fälle der Mutter. Es ist eine wachsende Familienform, die zudem besonders von Armut bedroht ist: 59 Prozent der Alleinerziehenden müssen mit einem Einkommen unterhalb der Armutsgrenze auskommen. Je mehr Kinder sie haben, desto prekärer ihre Lage.
In Bremen-Nord und Tenever soll in Zukunft zusätzliches Begleit- und Unterstützungspersonal ausschließlich für Alleinerziehende zuständig sein und dabei helfen, erforderliche Hilfe individuell zu gestalten. „Das Personal soll sich um die multiplen Problemlagen kümmern“, sagt Tim Cordßen, Sprecher des Wirtschaftsressorts. „Nicht immer fehlt einfach nur ein Berufsabschluss, manchmal brauchen Alleinerziehende einen Schulabschluss oder kommen nicht an notwendige Teilzeitbetreuung.“ Deswegen seien ressortübergreifende Maßnahmen erforderlich.
Workshops mit Betrieben
Eine davon ist die Wiederbelebung des „Netzwerks für Alleinerziehende“. Bis 2013 hatte es ein ähnliches Netzwerk bereits gegeben, die EU-Förderung für das Projekt lief allerdings aus. Nun soll es in ähnlicher Form neu aufgelegt werden: Fachleute aus Behörden, Wirtschaft, Bildung, Bau und Gesundheit sollen dort Probleme der Alleinerziehenden konkret diskutieren und Lösungsmöglichkeiten erarbeiten.
Aus dem Sozialressort werde die zuständige Referatsleitung teilnehmen sowie die Zentralstelle für die Verwirklichung der Gleichberechtigung der Frau. Auch die Bildungsbehörde steht nach eigenen Angaben in Kontakt mit der Arbeitnehmerkammer. Die Handelskammer signalisierte bereits die Bereitschaft zur Teilnahme an einem solchen Netzwerk.
Darüber hinaus sollen in Unternehmensvertretungen Workshops mit Betrieben zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf durchgeführt werden, die sich speziell auf Familien mit nur einem Elternteil konzentrieren und gängige Vorurteile von Vereinbarkeit von Kindern und Beruf widerlegen sowie eine betriebliche Ausbildung in Teilzeit bewerben sollen.
11 Oct 2017
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