taz.de -- Kolumne Nullen und Einsen: Vibrator mit künstlicher Intelligenz
Auf dem Markt gibt es immer mehr ferngesteuerte Vibratoren. Modelle mit Kamerafunktion wurden allerdings schon gehackt.
Nehmen wir an, Sie haben einen Stabmixer gekauft – einen smarten. Sie können die verschiedenen Pürierstufen mit Ihrem Smartphone steuern. Zudem zeichnet er auf, wie lange sie ihn nutzen, auf welcher Stufe Sie mixen und auch, welche Temperatur das Essen hat. Dann würden Sie doch von einem smarten, 150 Euro teuren Gerät erwarten, dass es etwas Kluges mit diesem Wissen macht, wie etwa heiße Suppen nicht auf der obersten Stufe zu pürieren, damit Sie sich nicht an den Spritzern verbrennen.
Aber das Einzige, was dieser Stabmixer mit Ihren Daten macht, ist, sie an den Hersteller zu senden. So einen nutzlosen Stabmixer würden Sie niemals kaufen. Doch was, wenn der smarte Mixer ein Vibrator wäre?
Bisher versteht man unter „smarten“ Vibratoren normale Vibratoren mit einer Smartphone-Fernbedienung. Sie können nicht viel mehr als die Konventionellen, außer dass man ihn über eine App eben teilweise auch über größere Distanzen hinweg steuern kann – und neue Sensoren einsetzen kann. Der Paarvibrator „We Vibe 4 Plus“ beispielsweise erfasste nicht nur den Vibrationsmodus während der Benutzung, sondern auch die Temperatur des Gerätes.
Hacker steuern Vibratoren von außen
Man könnte doch von einem smarten Gerät erwarten, dass es etwas Klügeres mit diesen Daten macht, als sie lediglich an den Hersteller zu senden. Leider nicht. Gehackt wurde der Vibrator auch schon. Auf der Hackerkonferenz Def Con zeigten zwei Australier vergangenes Jahr, dass sie nicht nur Daten wie die Intensitätsstufe einsehen, sondern auch das Gerät von außen steuern können. Möglich war das, weil der Bluetoothchip alle Daten zwischen Vibrator und Smartphone unverschlüsselt sendet und empfängt.
Nutzer*innen in den USA, die belegen können, Vibrator und App genutzt zu haben, haben nun Anspruch auf 10.000 Dollar Schadensersatz. Auch beim Svakom Siime Eye, einem Vibrator mit eingebauter Endoskopkamera, wurden kürzlich gravierende Sicherheitslücken entdeckt. Sowohl Vibrator als auch die Videofunktion ließen sich einsehen und fernsteuern. Spätestens hier versteht vielleicht auch die letzte Ich-habe-nichts-zu-verbergen-Nutzer*in, dass es um Informationen geht, die man nicht teilen will.
Nun will der durch Crowdfunding finanzierte Hum der erste wirklich smarte Vibrator mit künstlicher Intelligenz sein. Sensoren sollen merken, welche Programme der*dem Nutzer*in gefallen und diese ausbauen. Zudem soll er selbst programmiert werden können. Die selbst geschriebenen Programme werden via Bluetooth übertragen. Ob das Konzept funktioniert und wie viel Wert das Start-up auf Datenschutz legt, wird man sehen. Momentan kann man Hum beim Hersteller vorbestellen.
Also stellen Sie sich weiterhin vor, Sie kaufen irgendwann einen smarten Stabmixer. Der sich nicht nur Ihren Mixgewohnheiten anpasst, den sie selbst programmieren können, der nur mit einer sicheren Verbindung mit anderen Geräten interagiert und von dem Sie wissen, welche Daten er an den Hersteller schickt – im besten Fall nämlich gar keine. So einen emanzipatorischen Stabmixer würde man gerne kaufen.
26 Jul 2017
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