taz.de -- Kolumne Liebeserklärung: Sky sei Dank

Der Bezahlsender Sky hat das ZDF von einer leidigen Pflicht entbunden. Es muss jetzt nicht mehr die Gebührentöpfe für Sportrechte plündern.
Bild: Bei Sky zahlen Zuschauer*innen direkt und bewusst für ihre Lieblingssportart

Gut, es ist Liebe auf den zweiten Blick. Aber auf den zweiten sieht man bekanntlich besser. Zuerst schien es ja wenig attraktiv, die Champions League ab 2018 nicht mehr im ZDF, sondern nur noch im Bezahlfernsehen anschauen zu können. Die böse Macht des Kapitalismus schien in Gestalt von Sky das allgemeine Menschenrecht auf frei zugänglichen Fußball in der Glotze abgeschafft zu haben.

Doch der erste Eindruck trügt. Sky ist es zu verdanken, dass das ZDF künftig möglicherweise wieder seinem gesellschaftlichen Auftrag gerecht werden kann, die Vielfalt des gesellschaftlichen Lebens abzubilden statt alles auf den Quotenrenner Fußball zu setzen. Geschätzte 70 Millionen Euro jährlich sind gerade dafür frei geworden, andere Horizonte zu öffnen. Die immensen Aufwendungen von Sky, das ZDF zu überbieten, sind sinnvolle Investitionen in diese Gesellschaft, die man kaum hoch genug einschätzen kann.

Es war ja ohnehin ein erstaunlich gut funktionierender Taschenspielertrick, der die Leute glauben ließ, die TV-Zuschauer müssten für den Fußball in den öffentlich-rechtlichen Sendern nichts bezahlen. Die Rundfunkbeiträge rücken in den Debatten selbst bei den Beitragszahlern auf magische Weise aus dem Bewusstsein.

Das Bezahlmodell von Sky funktioniert ohne diesen faulen Zauber. Man zahlt direkt und bewusst für seine Lieblingssportart und nicht in eine Allgemeinkasse, die dann für den Fußball geplündert wird. Man kommt in den Genuss der Expertise von Weltfußballer Lothar Matthäus, weil man sie bestellt hat, und bekommt nicht, ob man will oder nicht, mit einem Augenzwinkern die Weisheiten von Welttorhüter Oliver Kahn aufgedrückt.

Und das düstere Bild, das gern verbreitet wird, der Fußball verschwände hinter der Bezahlschranke, hält der Wirklichkeit eh nicht stand. Die Champions League kommt raus aus den Wohnzimmern, dem privaten Mief, und rein in die Kneipen und Restaurants, die sich mit dem exklusiven TV-Angebot wieder füllen werden. Sie wird wieder mehr zum öffentlichen Ereignis und fördert die soziale Teilhabe. Sky sei Dank.

16 Jun 2017

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Johannes Kopp

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