taz.de -- Ugandischer Medienrat verbietet Film: Ein schlechter Witz

Ein niederländischer Film darf nicht in Kampala laufen, da er „Homosexualität glorifziert“. Ugandas Regierung verfolgt ein erzkonservatives Wertekonzept.
Bild: Huiuiui, Sittenverfall: Szene aus „De eetclub“

Ugandas Medienrat hat einen niederländischen Film verboten, weil er „Homosexualität glorifziere“. Die niederländische Botschaft in Ugandas Hauptstadt Kampala veröffentlichte auf Facebook das Schreiben des Medienrats, welches akribisch und inklusive Minutenangaben sämtliche Filmszenen auflistet, die „gegen ugandische Werte“ verstoßen sollen.

„Der Film ist voller Szenen, die intimes Verhalten zeigen, zum Beispiel tiefe Küsse vor Kindern (2 Minuten lang)“, kritisierte das Gremium, das auch die Darstellung von Sexszenen, Rauchen und ausuferndem Alkoholkonsum beanstandete. Außerdem hieß es, in dem Film gründeten Frauen einen Dinner Club, „der in Wirklichkeit ein Bordell darstellt“. Die Folge dieser Intervention: der 2010 produzierte Film „The Dinner Club“ durfte auf dem Europäisch-Ugandischen Filmfestival in Kampala nicht wie geplant gezeigt werden.

„Die Botschaft bedauert die Entscheidung des ugandischen Medienrats und zieht die Teilnahme am Europäischen Filmfestival in Uganda zurück“, kommentiert die niederländische Botschaft auf Facebook.

Homosexualität ist in Uganda illegal und wird mit harten Strafen belegt. Ein Gesetzentwurf, der sogar die Todesstrafe dafür forderte, wurde erst 2014 vom Verfassungsgericht gekippt – auf internationalen Druck hin. Dennoch werden Schwule und Lesben in Uganda verfolgt, die meisten flohen ins Exil.

Ugandas Regierung verfolgt offiziell ein erzkonservatives Wertekonzept: seit 2014 existiert ein Anti-Minirock-Gesetz, wegen dem die Polizei in Nachtclubs Frauen mit zu kurzen Röcken verhaftet. Und ein ausgefeiltes Anti-Pornografie-Gesetz stellt intimes Verhalten in der Öffentlichkeit unter Strafe – auch in den Medien. Ugandas Bevölkerung ist mehrheitlich christlich und auf dem Land besonders konservativ.

Im Kontrast dazu stehen viele Viertel von Ugandas Hauptstadt Kampala. Insbesondere das Ausgehviertel Kabalagala ist weit über die Landesgrenzen für seine wilden Partys bekannt. Bordelle gibt es hier genauso wie Drogenkonsum. Die Kritik des Medienrats wirkt daher wie ein schlechter Witz.

21 May 2017

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Simone Schlindwein

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