taz.de -- Trump stoppt Klimaschutz: America First!

Kohle, Spritverbrauch, dreckige Wirtschaft: US-Präsident Trump lässt die Klimapolitik von Obama in Rauch aufgehen. Der Widerstand formiert sich.
Bild: Zurück in die Zukunft: Statt auf Windkraft setzt Trump auf Kohle

Berlin taz | Was US-Präsident Donald Trump vergangene Woche bei der Krankenversicherung Obamacare misslang, soll jetzt beim Klima klappen: die Regeln seines Amtsvorgängers zurücknehmen. „Am Dienstag wird der Präsident seinen Erlass zur Energieunabhängigkeit präsentieren“, so Scott Pruitt, Chef der Umweltbehörde EPA am Montag.

Die seit Wochen erwartete Regelung werde Obamas Regulierung der Kohleindustrie, den Clean Power Plan, betreffen, „mit dem versucht wurde, im ganzen Land Jobs zu killen“. Trumps Vorstoß dagegen sei gut „für Wirtschaft, Umwelt und Wachstum“.

Details aus diesem Erlass hatten Trumps Leute bereits in den vergangenen Tagen gestreut. Er setzt den Kern der Klimaregeln außer Kraft, die die Obama-Administration erlassen hatten. Nach Zeitungsberichten stünden die USA damit offiziell weiter zum Pariser Klimaschutzabkommen vom Dezember 2015 – höhlen es aber inhaltlich aus. Denn seine Klimaschutzverpflichtungen wird der weltweit historisch größte CO2-Verschmutzer kaum noch erfüllen.

Der größte Schlag für den Klimaschutz ist die geplante Rücknahme des Clean Power Plan. Mit ihm wollte die Obama-Regierung die Kohlekraftwerke zwingen, bis 2030 ihre CO2-Emissionen um 32 Prozent zu senken. Aber die Liste der Grausamkeiten ist viel länger. So hat Trump bereits angekündigt, die neuen Effizienzregeln für Automotoren zu überprüfen und zu entschärfen; öffentliches Land soll wieder für Kohlegruben verpachtet, die Regeln für klimaschädliche Methanemissionen aus dem Fracking von Öl und Gas sollen gelockert werden.

Die Umweltbehörde EPA – der etwa ein Drittel ihrer Mittel gestrichen werden soll – muss laut Erlass ihre Kosten-Nutzen-Analysen bei der Genehmigung von Projekten verändern. Wurden bislang die „sozialen Kosten für CO2“ – also die Schäden durch den Klimawandel – bei der Genehmigung mit etwa 40 Dollar pro Tonne CO2 errechnet, soll dieser Preis nun sinken.

Umweltschützer befürchten zudem, dass die EPA unter ihrem neuen Chef Pruitt – der als Justizminister von Oklahoma diese Behörde mehrfach verklagte und sich für die Interessen der Ölindustrie starkmachte – ihre grundsätzliche Haltung zum Klimawandel ändert: Sie könnte ihre „Gefährdungseinschätzung“ von 2009 widerrufen, nach der CO2 Gift für das Klima ist. Sowohl Pruitt als auch Trump haben immer wieder Zweifel am wissenschaftlichen Konsens zum Klimawandel geäußert.

Wie schnell und effektiv die Trump-Administration Obamas Regeln zurücknehmen kann, ist derzeit offen. Der Clean Power Plan hängt vor Gericht; die EPA müsste nun in einem Prozess mit wissenschaftlichen Argumenten das Gegenteil von dem behaupten, was sie bislang vertreten hat. Die Effizienzrichtlinien für Autos werden bislang von scharfen Vorgaben des Bundesstaats Kalifornien dominiert; dieses Recht auf eigene Standards will die Bundesregierung attackieren.

Angreifen wollen aber auch die Klimaschützer: „Den Clean Power Plan abzuschaffen, braucht den gleichen Prozess, wie ihn zu entwerfen“, sagte [1][David Doniger vom Umweltverband Natural Resource Defense Council] gegenüber der Washington Post. Man werde vor Gericht „die Regierung auf jeder diese Stufen konfrontieren“.

Die Ökoverbände argumentieren ebenfalls mit Umwelt, Wachstum und Jobs. Allerdings beziehen sie sich auf saubere Techniken, erklärte der renommierte Thinktank World Resources Institute (WRI). Trumps Versprechen, Jobs in der Kohleindustrie „zurückzubringen“, sei Unsinn: Die Kohleindustrie leide vor allem am niedrigen Gaspreis und nicht an Umweltregeln; gegen 160.000 Kohlearbeiter stünden 800.000 Jobs in erneuerbaren Energien; 630 Unternehmen, unter ihnen Konzerne wie DuPont und Hewlett-Packard, haben sich für Klimaschutz starkgemacht. Schließlich winke 2030 ein weltweiter Markt von 6 Billionen Dollar mit sauberen Energien. Der Ausstieg der USA aus dem Klimaschutz, so das WRI, sei eine „riesige verpasste Chance“.

28 Mar 2017

LINKS

[1] https://www.washingtonpost.com/national/health-science/trump-moves-decisively-to-wipe-out-obamas-climate-change-record/2017/03/27/411043d4-132c-11e7-9e4f-09aa75d3ec57_story.html?utm_term=.f3530d739b71

AUTOREN

Bernhard Pötter

TAGS

Schwerpunkt USA unter Trump
Barack Obama
Schwerpunkt Klimawandel
Donald Trump
Kohle
Abgase
Schwerpunkt USA unter Trump
China
Schwerpunkt USA unter Trump
USA
Wissenschaft
Wissenschaft
Ökologischer Fußabdruck
Klima
Schwerpunkt USA unter Trump
Kohleausstieg
G20-Gipfel
Schwerpunkt USA unter Trump
Schwerpunkt Klimawandel
Unternehmen

ARTIKEL ZUM THEMA

Ausstieg der USA aus Pariser Abkommen: Trump will Klimaschutz aufkündigen

US-Präsident Donald Trump will bald entscheiden, ob die USA das Pariser Klimaschutzabkommen aufkündigen. Wann? In den nächsten Tagen, twittert er.

Kommentar Chinas Energiequellen: Methan ist keine Lösung

Die Volksrepublik will klimafreundlicher werden und investiert in erneuerbare Energien. Bohrungen auf dem Meeresboden passen da nicht ins Bild.

US-Gesundheitsreform unter Trump: Abstimmung über Obamacare

Das US-Repräsentantenhaus soll über einen neuen Gesetzentwurf befinden, der das Ende von Obamacare vorsieht. Ein erster Versuch war Ende März gescheitert.

Klima-Aktivisten gehen auf die Straße: „Es gibt keinen Planeten B“

Rund 250.000 Menschen demonstrieren in Washington gegen Donald Trumps Klimapolitik. Umweltschützer verlegen ihre Aktivitäten auf die Lokalebene.

„March for Science“: Tausende für Wissenschaftsfreiheit

Allein in Berlin demonstrierten rund 10.000 Menschen gegen Beschränkungen der Wissenschaft. Weltweit gab und gibt es Kundgebungen in 500 Städten.

March for Science: Wissenschaft geht auf die Straße

Weltweit protestieren Forscher am Wochenende gegen das Leugnen wissenschaftlicher Fakten. In Deutschland wird in 20 Städten demonstriert.

Klimaschutz ist kein Wachstumskiller: Weltmeister der Dekarbonisierung

Klimaschutz und Wachstum sind entgegen landläufiger Meinung miteinander vereinbar. Großbritannien hat es vorgemacht.

Die Welt macht Energiewende: Sieg der Liebe

Donald Trump kippt den US-Klimaschutz. Ärgert Sie das? Lassen Sie es raus! Und dann üben Sie sich im Besten, was Amerika zu bieten hat: Optimismus.

Kommentar Trump und Klimaschutz: Die Katastrophe von Washington

Der Präsident plant in der US-Klimapolitik einen Kahlschlag. Damit will er Jobs in der Kohleindustrie retten – und das ist völliger Unsinn.

Weniger Kohlekraftwerke in Asien: Abschied vom Dreckschleudern

Der Bau von Kohlekraftwerken geht weltweit zurück, zeigt eine neue Studie. Damit rücken die Klimaziele der UNO zum ersten Mal in greifbare Nähe.

Treffen der G20-Finanzminister: Babysitting in Baden-Baden

Die USA gaben sich eher passiv bei dem Treffen, verhinderten jedoch klare Bekenntnisse zu Klima- und Entwicklungszielen.

Umweltschützer gegen Trump: Die „Treehuggers“ machen mobil

Die Ökos in den USA erwarten von Trumps Regierung einen Angriff auf den Umweltschutz. In einer breiten Koalition sammelt sich der Widerstand.

2016 war bislang heißestes Jahr: Drittes Rekordjahr in Folge

2014 war das heißeste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1880. Dann wurde es von 2015 abgelöst und nun von 2016. Grund dafür ist der Klimawandel.

Kommentar Klimawandel und Finanzen: Wenn die Preise Wahres sagen

Trumps neue Regierung hat mit Klimaschutz nicht viel am Hut. Das sollte sie aber, denn der Klimawandel trifft auch Unternehmen.