taz.de -- Schottlands Premierministerin Sturgeon: Unruhe in London

Nicola Sturgeon ist laut Umfragen die beliebteste Regierungschefin in der EU. Sie will ein Referendum für Schottlands Unabhängigkeit.
Bild: Nicola Sturgeon von der Scottish National Party (SNP)

Sie ist klein und zierlich, und deshalb ist sie oft unterschätzt worden. Doch Nicola Sturgeon, Schottlands Premierministerin von der Scottish National Party (SNP), hat in ihrer politischen Karriere bewiesen, dass sie durchsetzungsfähig ist. Sie ist laut Umfragen die beliebteste Regierungschefin in der Europäischen Union.

Und in der EU soll Schottland bleiben, wenn es nach ihr und 62 Prozent der Schotten geht, die voriges Jahr gegen den Brexit gestimmt haben. [1][Sturgeon erklärte], es sei demokratisch inakzeptabel, dass Schottland gegen seinen Willen aus der EU herausgezerrt werde. Deshalb hat sie am Montag angekündigt, dass sie ein erneutes Referendum über Schottlands Unabhängigkeit anberaumen wolle.

Die 46-Jährige stammt aus Ayrshire im Süden Schottlands und wuchs in Prestwick bei Glasgow auf. Sie studierte Jura an der University of Glasgow und arbeitete nach ihrem Abschluss 1992 als Rechtsanwältin in Stirling. Zuvor hatte sie sich in der Campaign for Nuclear Disarmament (CND) engagiert und war mit 16 in die SNP eingetreten.

1999 zog sie ins Parlament in Edinburgh ein, 2007 gewann sie ein Direktmandat. Da die SNP aus dieser Wahl als stärkste Partei hervorging, wurde Parteichef damals Alex Salmond Premierminister. Er machte Sturgeon zu seiner Stellvertreterin und Gesundheitsministerin.

Bei der SNP-Kampagne vor dem Referendum über Schottlands Unabhängigkeit 2014 spielte Sturgeon eine führende Rolle. Nachdem der Volksentscheid mit 45 zu 55 Prozent verloren gegangen war, legte die britische Regierung die zuvor versprochene stärkere Autonomie für das Parlament in Edinburgh auf Eis – mit dem Ergebnis, dass sich die Mitgliederzahl der SNP auf 120.000 verfünffachte.

Salmond trat nach dem Referendum als Premierminister und Parteichef zurück, Sturgeon wurde ohne Gegenkandidatur zu seiner Nachfolgerin gewählt. Sie ist keine Spielernatur wie ihr Vorgänger, der gern politische Risiken einging. So sollte ihr Entschluss, ein neues Referendum für die Unabhängigkeit zu beantragen, durchaus für Unruhe in London sorgen.

13 Mar 2017

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Ralf Sotscheck

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