taz.de -- Kommentar Unterstützung für Südsudan: Schmutzige Hilfe

Die Helfergebühren sind reine Abzocke. Doch die UN könnten Finanzsanktionen gegen die Regierung erlassen, um gegen den Hunger vorzugehen.
Bild: Es wäre gar nicht so schwer, zu helfen

Man muss ein gewisses Verständnis dafür aufbringen, wenn Südsudans Regierung jetzt Abzocke betreibt. [1][10.000 US-Dollar soll es koste]n, als ausländischer Mitarbeiter einer Hilfsorganisation in Südsudan tätig zu werden. 10.000 US-Dollar – das entspricht genau der jährlichen Schulgebühr für jeden der vier Enkel des südsudanesischen Präsidenten Salva Kiir im Nachbarland Kenia.

Irgendwo muss dieses Geld ja herkommen, und wer an der Höhe zweifelt, sollte bedenken, dass es eine verantwortungsvolle Aufgabe ist, zu Salva Kiirs Familie zu gehören. Mehrere seine Kinder tragen auf ihren Pässen als Berufsbezeichnung „Son Of President“ und sitzen in dieser Funktion in Chefetagen wichtiger Unternehmen. Und wie sollte ohne diese selbstlose Tätigkeit der Unterhalt der präsidialen Ranch funktionieren, neben der Südsudans Präsident die Kampfhubschrauber parkt, mit denen seine Armee Luftangriffe auf Zivilisten fliegt? Die kann man ja nicht einfach irgendwo herumstehen lassen.

All diese Erkenntnisse, im vergangenen September in einer internationalen Untersuchung veröffentlicht, sollten es eigentlich leicht machen, gegen Südsudans Regierung nicht nur ein Waffenembargo, sondern auch Finanzsanktionen zu verhängen und die eingefrorenen Gelder dafür zu nutzen, [2][hungernde Südsudanesen] am Leben zu erhalten. Aber für einen solchen Eingriff in die nationale Souveränität gibt es keine Mehrheit im UN-Sicherheitsrat. Also müssen die Hilfswerke im Südsudan zahlen – und stillhalten. Schließlich brauchen sie nicht nur Arbeitsgenehmigungen, sondern auch Visa, lokale Mitarbeiter, unzählige Genehmigungen und am Ende die Sicherheit, nicht über den Haufen geschossen zu werden.

Will jemand aus grundsätzlichen Erwägungen dafür plädieren, die Leute lieber verhungern zu lassen, im Irrglauben, damit den Präsidenten zu beeindrucken? Wer in einem Bürgerkriegsland hilft, macht sich die Hände schmutzig. Das ist die Realität.

9 Mar 2017

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Dominic Johnson

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