taz.de -- Krieg im Südsudan: Von Anfang an zerrissen

Der jüngste Staat der Welt kommt nicht zur Ruhe. Die Bevölkerungsgruppen der Dinka und Nuer sind zerstritten. 2013 begann der Bürgerkrieg.
Bild: Nahrungsmittellieferung der UNO

Berlin taz | Die Republik Südsudan, mit 619.745 km² Fläche und rund 12 Millionen Einwohnern, ist der jüngste Staat der Welt. 2011 entstand er nach Jahrzehnten des Befreiungskrieges: Guerillagruppen nichtarabischer und nichtmuslimischer Völker Sudans kämpften gegen die Regierungen in Khartoum.

Nach einem Friedensabkommen wurde Südsudan 2005 autonom, dann am 9. Juli 2011 unabhängig. Präsident wurde Salva Kiir, der Chef der Sudan People’s Liberation Army (SPLA). Er ist Angehöriger der größten Volksgruppe der Dinka. Sein Rivale Riek Machar von der zweitgrößten Volksgruppe der Nuer wurde Vizepräsident.

Dinka und Nuer waren innerhalb der SPLA schon immer zerstritten. 2013 zerbrach das Bündnis, Machar wurde entlassen. Mitte Dezember 2013 bezichtigte ihn Präsident Kiir des Putschversuchs, zahlreiche Nuer in der Hauptstadt Juba wurden verhaftet oder getötet. Die meisten Nuer in der SPLA rebellierten und gründeten die „SPLA In Opposition“ (SPLA-IO), die selbst brutale Massaker an Dinka beging.

Ein Bürgerkrieg zwischen ethnisch definierten Armeeeinheiten und Milizen begann. Mindestens 50.000 Menschen sollen umgekommen sein. Mehrere Anläufe zum Friedensschluss scheiterten. Zuletzt brachen im Juli 2016 wieder schwere Kämpfe aus, nachdem Machar – erst kurz wieder im Amt – erneut abgesetzt worden war.

In Juba regiert Präsident Kiir weiter. Rebellenführer Machar konnte sich 2016 in den Kongo retten und wurde schwer verletzt in den Sudan evakuiert. Die SPLA-IO ist zerstritten. Auch im Regierungslager brodelt es. Zur Selbstverteidigung im Bürgerkrieg sind vielerorts lokale Milizen entstanden. Das heizt lokale Konflikte an, vielerorts kommt es vermehrt zu Kämpfen.

Derzeitiger Brennpunkt ist die Provinz Upper Nile. Von den 12 Millionen Südsudanesen sind über 1,5 Millionen in Nachbarstaaten geflohen; mehr als 1,85 Millionen sind im Land auf der Flucht, davon nach jüngstem Stand rund 224.000 auf Basen der UN-Mission im Südsudan. Seit Januar sind weitere 75.000 Bewohner in die Nachbarstaaten geflüchtet.

Die Vereinten Nationen unterstützen die Friedensbemühungen der Afrikanischen Union, bislang ohne Erfolg. 13.000 Blauhelme sind im Rahmen der UN-Mission im Südsudan (UNMISS) präsent. Außerhalb ihrer Stützpunkte sind sie weitgehend machtlos. Nachdem sie mehrfach beim Schutz von Zivilisten versagten, soll eigentlich eine Eingreiftruppe von 4.000 Mann stationiert werden. Das verzögert sich aber immer wieder – auch weil Südsudans Regierung sie nicht wirklich will.

22 Feb 2017

AUTOREN

Dominic Johnson

TAGS

Südsudan
Bürgerkrieg
Uno
Südsudan
Südsudan
Südsudan
Hungersnot
Südsudan
Südsudan
Südsudan

ARTIKEL ZUM THEMA

Kommentar Unterstützung für Südsudan: Schmutzige Hilfe

Die Helfergebühren sind reine Abzocke. Doch die UN könnten Finanzsanktionen gegen die Regierung erlassen, um gegen den Hunger vorzugehen.

Unterstützung für den Südsudan: Wer hilft, wird abgezockt

Die Arbeitserlaubnis für ausländische humanitäre Helfer kostet jetzt 10.000 statt 100 Dollar. Es bleibt weniger Geld für die Hungernden.

Hungersnot im Südsudan: Es gibt noch Hoffnung

Der Präsident verspricht freien Zugang zu allen Notgebieten. Die UNO hofft auf neue Hilfsgelder, Zusagen aus London und Brüssel kamen bereits.

Kommentar Hungersnot im Südsudan: Notstand als letzte Hoffnung

Fünf Millionen Menschen sind in Lebensgefahr – die Krise ist menschengemacht. Die Reaktion der Weltpolitik auf das Drama ist lächerlich.

Krieg und Hungersnot im Südsudan: Erst verzehrt der Körper

Südsudans Regierung führt weiterhin einen erbitterten Vernichtungskrieg gegen das eigene Volk. Die UNO ruft nun eine Hungersnot aus.

Akute Hungersnot im Südsudan: 100.000 Menschen droht der Tod

Der Bürgerkrieg hat Teile des Südsudan in eine Hungersnot gestürzt. Die UNO warnt vor Tausenden von Toten. Vor allem für Kinder ist die Lage dramatisch.

Bürgerkrieg im Südsudan: 20.000 Geflüchtete verschwunden

Die Menschen sollen vor Kämpfen zwischen Armee und Rebellen im Norden des Landes geflohen sein. Die UNO hat ihre Spur verloren. Das Militär behindert die Suche.