taz.de -- Chinesische Intervention in Hongkong: Abgeordnete aus Parlament verbannt
Peking will die Unabhängigkeitsbewegung in Hongkong im Keim ersticken. Abgeordnete müssen der Volksrepublik künftig die Treue schwören.
Peking/Hongkong dpa | China geht gegen Unabhängigkeitsbefürworter in Hongkong vor. Ungeachtet der Proteste gegen eine Intervention aus Peking verbannte der chinesische Volkskongress am Montag zwei neu gewählte Unabhängigkeitsbefürworter aus Hongkongs Parlament.
Der Beschluss könnte neue Demonstrationen in der asiatischen Finanz- und Wirtschaftsmetropole auslösen. Kritiker beklagen eine Einmischung in die Unabhängigkeit der Justiz in der autonom regierten südchinesischen Sonderverwaltungsregion.
Tausende hatten am Vortag gegen die Pläne Pekings demonstriert. Die Polizei nahm nach offiziellen Angaben vier Teilnehmer fest. Mit Pfefferspray und Schlagstöcken waren Polizeikräfte gegen Demonstranten vorgegangen. Die Lage beruhigte sich über Nacht.
Angesichts wachsender Unabhängigkeitsbestrebungen beschloss der Ständige Ausschuss des Volkskongresses in Peking eine Interpretation des Grundgesetzes für die Sonderverwaltungsregion. Danach müssen Hongkonger Abgeordnete ihren Treueeid auf das Grundgesetz Hongkongs ablegen und der Sonderverwaltungsregion der Volksrepublik China die Gefolgschaft schwören.
Der Eid dürfe in Form und Inhalt nicht verändert werden, heißt es in dem Beschluss zu Artikel 104 des Grundgesetzes. Wer den Amtseid ablehne oder auf eine „unwürdige und nicht ernsthafte Weise“ ablege, disqualifiziere sich von einem öffentlichen Amt. Auch könne der Eid nicht noch einmal abgegeben werden.
Zentralregierung gegen Unabhängigkeit Hongkongs
Der Volkskongress schloss damit praktisch zwei neue Abgeordnete des ohnehin nur begrenzt frei gewählten Hongkonger Legislativrates aus, die den Amtseid auf provokative Weise geändert und der Volksrepublik ihre Gefolgschaft verweigert hatten. Da der Fall noch Gerichte in Hongkong beschäftigt, beklagen Kritiker eine Einmischung in die Unabhängigkeit des Rechtswesens.
„Das große Risiko ist, dass der Ständige Ausschuss den Eindruck erweckt, als wenn die Gerichte in Hongkong eigentlich keine Rolle spielen, wenn es um öffentliche Rechtsfragen geht“, sagte Alvin Cheung vom US-Asien-Institut der New York University (NYU) in Hongkong. „Wenn das Vertrauen in die Gerichte einmal verloren geht, ist es sehr schwer, das wieder zu gewinnen.“
„Die Interpretation demonstriert die feste Entschlossenheit und den Willen der Zentralregierung, sich einer Unabhängigkeit Hongkongs zu widersetzen“, sagte der Sprecher des Hongkong-Amtes beim Staatsrat in Peking. Damit werde die Autorität des Grundgesetzes und die Rechtsstaatlichkeit in Hongkong gesichert. „Aktivitäten, die Nation zu teilen, werden nicht erlaubt.“
Seit der Rückgabe 1997 an China unterliegt die ehemalige britische Kronkolonie chinesischer Souveränität und wird in ihren Grenzen als eigenständiges Territorium autonom verwaltet. Vor zwei Jahren hatten prodemokratische Demonstrationen und Straßenblockaden Teile der sieben Millionen Einwohner zählenden Hafenstadt über Wochen lahmgelegt.
Auslöser waren Pläne der Führung in Peking, 2017 in Hongkong zwar wie versprochen erstmals direkte Wahlen zu erlauben, aber eine freie Nominierung der Kandidaten zu verweigern.
7 Nov 2016
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