taz.de -- Kolumne Pflanzen essen: Die Landwirtschaft ist das Problem
Viele vegan lebende Menschen nehmen Vitamin B12. Weil ihre Ernährung unnatürlich ist? Nein: Weil unsere Böden immer ausgelaugter sind.
Wenn ich extra Vitamine nehmen muss, kann eine vegane Ernährung ja nicht natürlich sein, lautet eines der Lieblingsargumente von Anti-Veganern. Dem ist zu entgegnen: Natürliche Ernährung, so wie von der Natur vorgesehen, ist für einen Großteil der Menschheit nicht mehr möglich. Außer man lebt irgendwo im unberührten Regenwald und baut seine Nahrung selbst an.
Die Qualität unserer kommerziell erhältlichen Nahrung ist eine andere als vor Urzeiten und selbst noch vor 50 Jahren. Unsere Böden sind ausgelaugt, unser Wasser ist verschmutzt, hinzu kommt der weit verbreitete Gebrauch von Pestiziden und Herbiziden. Resultat: Was wir essen hat eine niedrigere Nährstoffdichte als von der Natur ursprünglich vorgesehen.
Ich ziehe es aber vor, mich optimal zu ernähren. Was bedeutet, dass im Küchenschrank neben meinem Vitamin B12 auch Superfoods wie Algen in Pillenform, Reishi Pilz Pulver (in der chinesischen Heilkunde als „Pilz der Unsterblichen“ bekannt) oder Goji-Schizandrabeeren-Extrakt stehen.
Apropos Vitamin B12, nicht nur Veganer profitieren von dessen Einnahme. Immer mehr Fleischesser leiden an B12-Mangel: Übermäßiger Fleischkonsum schädigt auf Dauer die Magen- und Darmschleimhäute durch Übersäuerung, in der Nahrung enthaltenes Vitamin B12 kann nicht mehr aufgenommen werden. Nicht umsonst hieß es damals Sonntags-Braten. Und nicht Jeden-Tag-Braten.
Früher war tatsächlich einiges besser. Zum Beispiel die Böden. Die waren knallvoll mit den Bakterien, die Vitamin B12 produzieren. Sodass man durch das Verspeisen kontaminierter Pflanzenkost genügend davon aufnahm, ohne Fleisch essen zu müssen.
Dass viele moderne Veganer Vitamin B12 nehmen, hat nichts damit zu tun, dass eine pflanzliche Ernährung unnatürlich ist. Sondern damit, dass unsere Umwelt immer steriler wird. Und der Boden ausgelaugter, unter anderem durch landwirtschaftliche Tierhaltung.
6 Nov 2016
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