taz.de -- Kommentar abgesagtes Gedenkkonzert: Beschämendes Verhalten

Wie schon während des Völkermords 1915 opfert Deutschland die Armenier für angeblich wichtigere Interessen.
Bild: Unversöhnliche Absage: die Dresdner Sinfoniker bei einem Auftritt in Dresden

In der Entschließung zum Völkermord an den Armeniern, die der Bundestag am 2. Juni dieses Jahres verabschiedet hat, wird die Bundesregierung aufgefordert, alles ihr Mögliche zu tun, um die Aussöhnung zwischen der Türkei und Armenien zu unterstützen.

Eines der Projekte, die diesem Ziel dienen, ist ein Konzert der Dresdner Sinfoniker, das zur Erinnerung an die Opfer des Völkermords von einem internationalen Ensemble aus deutschen, armenischen und türkischen Musikern aufgeführt wird.

Mit diesem Stück wollen die Sinfoniker im November sowohl im armenischen Jerewan als auch in Istanbul für die Verständigung und Aussöhnung der beiden Nationen werben. Ein hochgelobtes Projekt, das sowohl die EU wie das Auswärtige Amt finanziell unterstützt haben. Gerade deswegen hatte das Auswärtige Amt schon vor Monaten das deutsche Konsulat in Istanbul als Veranstaltungsort angeboten.

Zwischenzeitlich hat sich aber das deutsch-türkische Verhältnis nicht zuletzt wegen der Bundestagsresolution zum Völkermord an den Armeniern rapide verschlechtert. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan ist erbost, der Flüchtlingspakt und der gemeinsame Kampf gegen den „Islamischen Staat“ (IS) stehen auf dem Spiel. Die Aufführung des kurz zuvor von Außenminister Frank-Walter Steinmeier noch hochgelobten Stücks als „Leuchtturm auf dem Weg der Versöhnung“ passte da [1][offenbar nicht mehr ins Konzept.]

Wieder, wie schon während des Völkermords 1915, als Deutschland mit der Türkei im Ersten Weltkrieg verbündet war, opfert Deutschland die Armenier für angeblich wichtigere Interessen. Während Deutschland damals nichts gegen den Völkermord tat, wurde jetzt die Aufführung des Konzerts im Konsulat abgesagt, die zum Gedenken an eben dieses Verbrechen angedacht war.

Welch ein beschämendes Verhalten für ein Land, das angeblich aus früheren Völkermorden und dem Holocaust so viel gelernt hat.

26 Oct 2016

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Jürgen Gottschlich

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