taz.de -- Verhandlungen über Atomwaffenverbot: Deutschland votiert mit Nein

Eine große Mehrheit der UN-Mitglieder sprach sich für eine Konferenz aus, die eine Ächtung und Abschaffung der Atomwaffen zum Ziel hat.
Bild: Die Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki, hier abgebildet, waren die beiden ersten und bislang einzigen Einsätze von Atomwaffen in einem Krieg

Genf taz | 71 Jahre nach dem ersten verheerenden Einsatz von Atomwaffen gegen die japanischen Städte Hiroschima und Nagasaki hat die UNO-Vollversammlung in einer historischen Entscheidung mit großer Mehrheit die Aufnahme von Verhandlungen über das Verbot dieser Massenvernichtungswaffen beschlossen. Für eine entsprechende Resolution stimmten in der Nacht zum Freitag 123 Staaten, fast eine Zweidrittelmehrheit der 193 UNO-Mitglieder. 38 Länder, darunter Deutschland, votierten mit Nein, 16 Staaten enthielten sich.

Das Abstimmungsergebnis macht deutlich, dass das Lager der 34 Staaten, die entweder selber Atomwaffen besitzen oder aber als Mitglieder der Nato an der atomaren Abschreckungsdrohung und der Einsatzplanung beteiligt sind, keineswegs geschlossen ist: Von den fünf seit dem atomaren Nichtweiterverbreitungsvertrag von 1970 als „offiziell“ anerkannten Nuklearmächten stimmten die USA, Frankreich, Großbritannien und Russland mit Nein, während China sich enthielt. Unter den vier seit 1970 hinzugekommen Atomwaffenbesitzern votierten Israel mit Nein, Indien und Pakistan mit Enthaltung und Nordkorea mit Ja.

Neben Deutschland folgten auch fast alle anderen 26 Nato-Mitglieder der dringenden Aufforderung der USA, die Resolution abzulehnen. Lediglich die Niederlande enthielten sich.

Die Mitglieder der Afrikanischen Union und die Staaten Lateinamerikas sprachen sich fast geschlossen für Verbotsverhandlungen aus. Lediglich Sudan, Mali und Nicaragua enthielten sich der Stimme.

Für die Internationale Kampagne zur Abschaffung von Atomwaffen (Ican) „kommt das Abstimmungsergebnis einer abrüstungspolitischen Revolution gleich“. Denn „noch nie zuvor“ hätten es „die atomwaffenfreien Staaten gewagt, die Atomwaffenstaaten und ihre Alliierten in einer solchen Frage zu überstimmen“. Zum deutschen Nein erklärte Sascha Hach vom deutschen Zweig der Ican: „Es ist eine Schande, dass sich die Bundesregierung der Gruppe der Hardliner angeschlossen hat. Neben Rüstungsexporten an autoritäre Regime gehören die Stationierung und Unterstützung von Atomwaffen zu den Abgründen der deutschen Außenpolitik.“

Anders als die Berliner Koalition hatten die Abgeordneten von CDU/CSU und SPD im Europaparlament am Mittwoch einer Resolution zugestimmt – mit der Aufforderung an die Regierungen der 28 EU-Staaten, in der UNO-Generalversammlung für Verhandlungen über ein Atomwaffenverbot zu votieren.

28 Oct 2016

AUTOREN

Andreas Zumach

TAGS

Atomwaffen
Nato
Vereinte Nationen
Verbot von Atomwaffen
Aktivismus
Frieden und Krieg
Atomverhandlungen
Atomwaffen
Atomwaffen
Nordkorea
Sudan
UN-Menschenrechtsrat
Abrüstung

ARTIKEL ZUM THEMA

Kommentar Friedensnobelpreis 2017: Yes, Ican

Der Friedensnobelpreis für die Kampagne zur weltweiten Ächtung von Atomwaffen ist ein gutes Zeichen. Nur bewirken wird er nichts.

Kämpfer gegen Atomwaffen: Nagasaki-Überlebender Taniguchi tot

Sumiteru Taniguchi überlebte den Atombombenabwurf auf Nagasaki schwer verletzt. Danach kämpfte er gegen nukleare Waffen. Nun starb er im Alter von 88 Jahren.

Berlin gedenkt Hiroshima und Nagasaki: Gegen das Vergessen

Vor 72 Jahren zerstörte eine Bombe neuer Dimension die japanische Städte Hiroshima und Nagasaki. Am 6. August erinnert eine Gedenkveranstaltung an das Unvorstellbare.

Verbot von Atomwaffen: Die Mehrheit ist für Verhandlungen

Drei Viertel der Deutschen sind dafür, in Verhandlungen über ein Verbot der Nuklearwaffen einzusteigen. Die Bundesregierung boykottiert diese bislang.

Kommentar UN-Atomwaffenverbot: Deutschland liebt die Bombe

Die Uno beginnt endlich mit den Verhandlungen über ein vollständiges Verbot. Deutschland ist nicht dabei. Es hat gar versucht, dieses Ziel zu verhindern.

Generalversammlung der UNO: Alle Atomwaffen verbieten

Die Vereinten Nationen wollen Kernwaffen international verbieten. Aber ein Drittel der Mitgliedsstaaten boykottiert die Verhandlungen.

Sorge wegen Nordkoreas Raketentests: UN-Sicherheitsrat wägt Reaktion ab

Die Welt sorgt sich wegen des Verhaltens Pjöngjangs. Unklar ist, ob es zu neuen Sanktionen kommt. China sieht auch eine Mitschuld bei den USA.

UN-Mission im Sudan: Bundeswehr bleibt wohl noch

Das Kabinett beschließt eine Verlängerung des Einsatzes deutscher Soldaten bei der UN-Mission. Der Bundestag muss dieser noch zustimmen.

Menschenrechtsrat der UNO: Russland ist seinen Sitz los

Russland verliert in einer Abstimmung. Nun darf das Land nicht mehr an Beratungen über die humanitäre Lage in der Welt teilnehmen.

Internationaler Kernwaffenverbotsantrag: Deutschland lehnt Verhandlungen ab

Beim Ringen um eine Welt ohne Atomwaffen gehört die Bundesregierung zum „Lager der Bremser und Blockierer“, kritisieren die Grünen.