taz.de -- Kolumne Macht: Das Lachen wird uns vergehen
Es ist einfach zu schön, wie sich Donald Trump selbst demontiert. Doch die Selbstzerstörung der Republikaner wird schlimme Folgen haben.
Schadenfreude ist kein nettes, aber ein sehr angenehmes Gefühl. Wahrscheinlich haben es nur selten weltweit so viele Leute geteilt wie jetzt beim Absturz von Donald Trump. Macht ja auch Spaß, dieser Inkarnation der Menschenverachtung bei der Selbstdemontage zuzuschauen. Wenn da nur nicht dieser nagende Verdacht wäre, dass uns allen das Lachen schon bald vergehen wird. Und zwar aus mindestens zwei Gründen.
Der erste Grund liegt auf der Hand, ist von vielen lange verdrängt worden und heißt Hillary Clinton. Ja, die Vorstellung ihres Wahlsiegs ist weniger schrecklich als die eines Erfolgs von Donald Trump, aber wer das schon für einen Grund zur Freude hält, hat sehr bescheidene Ansprüche. Die Frau ist nicht grundlos eine der unbeliebtesten Kandidatinnen (und Kandidaten), die sich je um die US-Präsidentschaft beworben haben.
Sie ist gierig, doppelzüngig, und wäre ihr Rivale nicht so vollständig unakzeptabel, dann hätten ihr die jüngsten Enthüllungen von WikiLeaks vermutlich eine krachende Niederlage beschert. Noch immer ist übrigens nicht auszuschließen, dass Dinge über sie herauskommen, die sie am Ende doch den Sieg kosten.
Nun könnte man sagen, die Charaktermängel von Hillary Clinton seien das Problem der Amerikaner. Sollen die sich doch mit der Person herumschlagen, die sie gewählt haben. Das wäre eine vertretbare Haltung, wenn sie nicht ein führendes Mitglied der Falken-Fraktion wäre. Ausgerechnet in einer neuen Eiszeit zwischen Washington und Moskau wird vermutlich eine Frau US-Präsidentin, die es für eine gute Reaktion auf peinliche Enthüllungen hält, zu behaupten, „die Russen“ hätten die Nachrichten lanciert. Wem da nicht angst und bange wird, sollte ausziehen, um das Fürchten zu lernen.
Vor allem deshalb, weil es eben noch einen zweiten Grund dafür gibt, dass uns das schadenfrohe Lachen bald im Halse stecken bleiben wird. Nämlich die Selbstauflösung der Republikaner. Der katastrophale Zustand dieser Partei ist einzig und allein die Schuld ihrer Mitglieder. Sie haben mit der ekelhaften Tea-Party-Bewegung die Büchse der Pandora geöffnet und wundern sich jetzt darüber, dass das, was herauskriecht, stinkt. Es gibt keinen Grund für Mitgefühl. Aber eben Anlass zur Besorgnis.
Checks and Balances
Eine Demokratie kann nicht funktionieren, wenn die, die um die Macht konkurrieren, nicht wenigstens halbwegs auf Augenhöhe sind. Deshalb sollte der Niedergang der US-Republikaner – die vermutlich Jahre brauchen werden, um sich von Donald Trump zu erholen – niemanden freuen, nicht einmal diejenigen, die diese Partei tief verabscheuen. Das viel gerühmte Prinzip der checks and balances in den Vereinigten Staaten, also die wechselseitige Kontrolle verschiedener Verfassungsorgane, ist nämlich Geschichte, sobald die Opposition nur noch aus dem kläglichen, gedemütigten Rest einer einst stolzen Partei besteht.
Ja: Es wäre schön, wenn die Demokraten freie Posten im Verfassungsgericht besetzen könnten. Aber nein: Es wäre nicht schön, wenn Hillary Clinton das, was sie unter Politik – vor allem unter Außenpolitik – versteht, völlig widerstandslos umsetzen könnte.
Und niemand sollte sich der Illusion hingeben, es würden eben neue, funkelnde Parteien entstehen, wenn alte von der Bühne abtreten. In einem Land wie der Bundesrepublik, das ein Verhältniswahlrecht hat, ist das vorstellbar. In den Vereinigten Staaten gibt es das Mehrheitswahlrecht. Das macht Neugründungen von Parteien unendlich schwer, wie sich nicht zuletzt an der dauerhaften Erfolglosigkeit der Grünen in den Vereinigten Staaten zeigt.
Wenn die US-Republikaner zerbröseln, dann ist das ein guter Grund für Schadenfreude. Aber dieses erfreuliche Gefühl ist immer nur ziemlich kurzlebig.
15 Oct 2016
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