taz.de -- TV-Duell Trump gegen Clinton: Gefährlicher Verlierer

Hillary Clinton tritt 90 Minuten lang solide auf. Trump gelingt das nicht. Ganz nebenbei stellt er den gesamten demokratischen Prozess in Frage.
Bild: Hillary Clinton bleibt mit großem Abstand die Favoritin

Glückseligkeit – kein anderes Wort kann beschreiben, was Hillary Clinton am Ende der dritten Fernsehdebatte mit Donald Trump ausstrahlte. Es war das letzte Mal, dass sich die demokratische Bewerberin um die US-Präsidentschaft dem unwürdigen Schauspiel aussetzen musste, zur Unterhaltung eines Millionenpublikums eine politische Diskussion zu simulieren, unabhängig davon, was ihr unqualifizierter Konkurrent an inkoherenten Lügen auftischen würde.

Dabei sah es in den ersten gut 40 Minuten so aus, als hätte Trump sich einigermaßen im Griff und könnte zumindest in Ansätzen einen seriösen Auftritt ohne größere Ausrutscher präsentieren. Angesichts der extrem niedrigen Erwartungen die an den republikanischen Nominierten gestellt werden, wäre das wohl bereits als großer Erfolg für seine im totalen Scheitern begriffene Kampagne wahrgenommen worden.

Direkt auf seine wiederholten wenig subtilen Anspielungen auf eine manipulierte Wahl angesprochen, wurde Trump jedoch wieder ganz der Alte und verweigerte sich der Verpflichtung, das Wahlergebnis, wie auch immer es ausfallen möge, zu akzeptieren. Dem Narzissten Trump ist es scheinbar völlig unmöglich, zu akzeptieren, dass er anders als durch Betrug um den Sieg gebracht werden könne.

Gegen diese Verletzung eines fundamentalen Prinzips westlicher Demokratien verblassten Trumps sonstigen Ausfälle des Abends, wie ein offen rassistischer Seitenhieb auf Immigranten, die er als in weiten Teilen „bad hombres“ bezeichnete. Die ambivalente Haltung Trumps zum demokratischen Prozess ist der prägende Moment der Debatte.

Zum Greifen nahe

Man mag es bedauern, dass Trumps empörendes Auftreten und seine zum Himmel schreiende Inkompetenz es Clinton zum wiederholten Male viel zu leicht machten, von kritischen Nachfragen zum Beispiel zu ihrer politischen Vergangenheit abzulenken. Denn obwohl Moderator Chris Wallace, der beide Nominierte und das Saalpublikum deutlich besser unter Kontrolle hatte, als seine KollegInnen in den ersten beiden Debatten, wiederholt qualifiziert nachhakte, musste der Versuch, Clinton nachhaltig mit Schwächen ihres Programms oder ihrer Person zu konfrontieren, ins Leere gehen.

Denn wen interessieren schon die Details ihres ökonomischen Programms, fragwürdige Spender ihrer Stiftung oder ihre eher aggressive außenpolitische Einstellung, wenn ihr Gegner vor laufenden Kameras sich selbst und en passant auch die Basis des demokratischen Prozesses demontiert. Hillary Clinton kann sich freuen, dass sie dem Weißen Haus wieder einen großen Schritt näher gekommen ist.

Jedoch kommt dieser Triumph mit einem Preis. In den ersten Umfragen nach der Debatte waren immerhin noch rund 40 Prozent der Befragten der Ansicht, Donald Trump habe den Schlagabtausch gewonnen. 40 Prozent, denen es zumindest nichts ausmacht, dass ihr Kandidat die Wahlen von vornherein als manipuliert betrachtet und die Trump zustimmen, wenn er die Medien für angeblich unfaire Berichterstattung beschimpft oder Richter als voreingenommen darstellt, die gegen ihn entscheiden.

Die Sympathie für Clintons glückseliges Lächeln am Ende der Debatte sollte nun nicht darüber hinwegtäuschen, dass sie dieses tiefe Misstrauen kaum ausräumen wird. Die Begeisterung so vieler Demokraten für Bernie Sanders während der Vorwahlen zeigte deutlich, dass der dringenden Wunsch nach einer gesellschaftlichen Vision lebt, die sich sowohl vom nihilistischen Irrsinn Trumps, wie auch der technokratischen Kälte Clintons unterscheidet.

Vielleicht nächstes Mal.

20 Oct 2016

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Daniél Kretschmar

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