taz.de -- Die Lobbyistin der Woche: Mrs. Worst Case

Dass Donald Trump mit sexuellen Übergriffen prahlt, ist schlimm genug. Muss seine Frau das auch noch entschuldigen?
Bild: Von wegen „boy talk“: Melanias Argumente kamen bei CNN-Moderator Anderson Cooper nicht gerade gut an

Auf YouTube kann man sich ein [1][Video] von 2006 ansehen, da sitzt Donald Trump neben seiner Tochter Ivanka in einer Talkshow und sagt: „Wäre Ivanka nicht meine Tochter, würde ich wahrscheinlich was mit ihr anfangen.“ Ivanka lacht kehlig über diesen Spruch, man liest aus ihrem Gesicht, dass sie das ungefähr einmal pro Woche tut.

Um die beiden herum sitzen ausschließlich Frauen, die deutlich stärker überrumpelt sind: Eine haut Trump mit ihren Moderationskarten, die zweite schimpft klar vernehmbar „abscheulich“, eine dritte versucht sich in Waffengleichheit: „Wer sind Sie, Woody Allen?“

Jemand fehlt auf diesem Sofa: Donalds Ehefrau Melania Trump. Das Video kennt sie vermutlich trotzdem. Aber auch das hinderte sie nicht daran, ihren Ehemann öffentlich zu verteidigen, nachdem der sich jetzt durch eine geleakte Tonaufnahme auch als Mann offenbarte, der Frauen gerne einfach mal so zwischen die Beine fasst – und das mit seiner Prominenz rechtfertigt.

Schlechter Stil, klar, aber letztlich doch nur pubertärer „boy talk“, so Melania im [2][Wiedergutmachinterview mit CNN]. Der trockene Hinweis des Moderators, dass besagter Boy zum Zeitpunkt der Aufnahme immerhin 59 Lenze zählte, kann sie nicht davon abbringen, dass Trump zu den Äußerungen angestachelt worden sei: „Das ist nicht der Mann, den ich kenne“, sagt Melania. Ihr gegenüber habe er eine solche Attitüde noch nie gezeigt.

Denkt man an frühere First Ladies wie Jackie Kennedy – oder Hillary Clinton –, gehört das Tolerieren präsidentenehelicher Untreue anscheinend zum Job. Schlimm genug. Aber sexuelle Übergriffigkeit öffentlich verharmlosen, und das völlig ohne Not? Offenbar ist nicht nur Donald Trump ein Worst-Case-Kandidat. Eine First Lady Melania Trump wäre es auch.

21 Oct 2016

LINKS

[1] https://www.youtube.com/watch?v=diMp241gAcw
[2] https://www.youtube.com/watch?v=NGV-sHNe7WI

AUTOREN

Johanna Roth

TAGS

Melania Trump
US-Wahl 2024
Sexismus
Donald Trump
Melania Trump
Slowenien
Schwerpunkt USA unter Donald Trump
USA
Michelle Obama
Schwerpunkt USA unter Donald Trump
Schwerpunkt USA unter Donald Trump
US-Wahl 2024
Schwerpunkt USA unter Donald Trump
Donald Trump
Donald Trump
Donald Trump

ARTIKEL ZUM THEMA

Stellung der Frau in Saudi-Arabien: Ist das Satire – oder kann das weg?

Melania Trump leistet sich einen amtlichen Fehltritt auf Twitter: Sie findet, in dem Königreich gehe es voran für die weibliche Bevölkerung.

First Lady Melania Trump: Stolz und Vorurteil

Die nächste First Lady der USA ist Melanija Knavs aus Sevnica. In Slowenien hofft man darauf, dass der Ruhm bis in ihr Heimatland strahlt.

Reaktion auf Clintons E-Mail-Affäre: „Bringt sie nach Guantanamo Bay“

1.000 neue Mails wurden gefunden. Was drinsteht, weiß keiner. Trumps Fans jubeln präventiv – und treten noch aggressiver gegen Hillary Clinton auf.

100-Tage-Plan im Falle des US-Wahlsiegs: Trumps „große Träume“

In seinen ersten 100 Tagen als US-Präsident will Trump Nafta kippen, Steuern senken, Jobs schaffen und Frauen verklagen, die ihm sexuellen Missbrauch vorwerfen.

Präsidentschaftskandidaten beim Dinner: Trump wird ausgebuht

Als ob es beim TV-Duell zu gut für ihn gelaufen wäre: Trump schießt bei einem Benefiz-Dinner scharf gegen Clinton – und missversteht die Reaktionen.

Anti-Trump-Proteste vorm TV-Duell: Die Macht der vielen Mösen

Vor der Debatte demonstrieren Frauen am Trump-Tower lauthals gegen den sexistischen Kandidaten. Trumps Fans lässt das kalt – sie „haben Eier“.

TV-Duell Trump gegen Clinton: Gefährlicher Verlierer

Hillary Clinton tritt 90 Minuten lang solide auf. Trump gelingt das nicht. Ganz nebenbei stellt er den gesamten demokratischen Prozess in Frage.

Kolumne Macht: Das Lachen wird uns vergehen

Es ist einfach zu schön, wie sich Donald Trump selbst demontiert. Doch die Selbstzerstörung der Republikaner wird schlimme Folgen haben.

Ein Austauschjahr in der US-Provinz: Glaubst du etwa an die Evolution?​

Mit 17 will unsere Autorin, ein linksliberales Berliner Großstadtgirl, nach New York – und landet unter lauter Trump-Fans in Minnesota. Was jetzt?

Frauen berichten von Trump-Übergriffen: „Hände wie ein Tintenfisch“

Donald Trump beteuert, seiner Prahlerei über sexuelle Übergriffe wären keine Taten vorausgegangen. Mehrere Frauen berichten jetzt von tätlichen Übergriffen.

Kommentar Sexismus in den USA: Das verklemmte Schweigen

Donald Trump hat eine Schwelle der Duldbarkeit überschritten. Somit wurde ein Resonanzraum geschaffen.

US-Frauen gegen „Rape Culture“: Alles andere als okay

Millionen Frauen twittern Übergriffe von Onkeln, Ärzten, Nachbarn und Schulkameraden. Und über den verharmlosenden Umgang damit.