taz.de -- Nach erfolglosen Syrien-Gesprächen: „Aleppo bebt“
Assad bombardiert Aleppo, eine Waffenruhe ist nicht in Sicht. Aber: Eine erste Hilfslieferung erreicht die Menschen in Moadamiya nahe Damaskus.
Aleppo dpa/epd/afp | Die UN haben die ersten humanitären Lieferungen seit dem verheerenden Angriff auf einen Hilfskonvoi vor vier Tagen abgeschlossen. Lebensmittel und Arzneien für 35.000 Menschen seien in die Stadt Moadamiya nahe Damaskus gebracht worden, sagte UN-Sprecher Jens Laerke am Freitag in Genf. Das sei der erste Hilfskonvoi, der den Ort seit Ende Juli erreiche.
Laerke betonte, die Versorgungslage von Millionen Syrern sei sehr ernst. Die UN seien bereit, humanitäre Güter zu liefern. Sie warteten jedoch auf die Erlaubnis durch das Regime von Präsident Baschar al-Assad und die nötigen Sicherheitsgarantien.
Zugleich hat das syrische Regime mit heftigen Luftangriffen auf das belagerte Aleppo seine Bodenoffensive auf die Rebellenteile der Stadt vorbereitet. Nach Bombardements am Donnerstag zählte die oppositionsnahe Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte in der Nacht zum Freitag mehr als 30 Luftschläge auf den von Aufständischen beherrschten Ostteil der Stadt. Mehrere Menschen seien getötet oder verletzt worden.
„Das Regime und Russland führen schwere Luftangriffe als Auftakt für ihre Attacke am Boden aus“, sagte Rami Abdel Rahman, Leiter der Beobachtungsstelle zur Deutschen Presse-Agentur. Zuvor hatte die Regierung von Präsident Baschar al-Assad den Beginn einer Offensive in Aleppo angekündigt, um den Ostteil der Stadt zurückzuerobern. Das berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Sana.
Die syrische Luftwaffe werfe Fassbomben über Aleppo ab und Russland unterstütze die Verbündeten mit Luftangriffen, so die Beobachtungsstelle für Menschenrechte weiter. Im Bezirk Fardus wurden nach Angaben der Beobachtungsstelle zehn Zivilisten getötet und dutzende weitere verletzt. Einem AFP-Reporter zufolge wurden bei den Angriffen auch zwei Zentren der syrischen Weißhelme beschädigt. Die Organisation kümmert sich um Bürgerkriegsopfer und war erst am Donnerstag für ihre Arbeit mit dem Alternativen Nobelpreis ausgezeichnet worden.
In New York blieben die internationalen Bemühungen für eine Rückkehr zur Waffenruhe in dem Bürgerkriegsland am Donnerstagabend ohne Erfolg. Bei einem Treffen von mehr als 20 Außenministern am Rande der UN-Vollversammlung gelang es wieder nicht, sich auf eine neue Feuerpause zu verständigen, nachdem diese Anfang der Woche nach wenigen Tagen zusammengebrochen war.
Kerry ist sauer
Während US-Außenminister John Kerry sagte, er sei „frustrierter“ als am Tag zuvor, antwortete sein russsicher Kollege Sergej Lawrow auf die Frage, ob es eine Vereinbarung gebe, deutlich: „Nichts ist passiert.“ Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier berichtete von einer „sehr offenen, sehr kontroversen“ Diskussion innerhalb der Gruppe. Normalerweise ist das eine Umschreibung dafür, dass gegenseitig massive Vorwürfe erhoben wurden.
Die Gespräche sollen am Freitag und im Lauf der kommenden Tagen aber fortgesetzt werden. Dabei geht es entscheidend auch um die Frage, ob Russland zum Verzicht auf Luftangriffe in bestimmten Gebieten Syriens, die nicht von Islamisten gehalten werden, bereit ist.
Beide Seiten sind erbittert
Im Osten Aleppos rief die syrische Armee die Menschen über die Staatsmedien dazu auf, Stellungen von „Terrorgruppen“ zu meiden. Die Militärführung meint damit die verschiedenen Gruppen von Aufständischen in der Stadt. Bürger, die den Ostteil der Stadt verließen, müssten keine Festnahmen oder Befragungen fürchten.
Ein Aktivist in Aleppo beschrieb die Situation als sehr schlecht. Die ganze Stadt bebe wegen der Bombeneinschläge. Rebellen verbreiteten in sozialen Netzwerken Durchhalteparolen wie „Beschießt uns, hungert uns aus (…), egal was ihr macht, wir bleiben hier“.
In Syrien kämpft das Assad-Regime gegen Rebellen und Terrororganisationen. Russland, der Iran und schiitische Milizen unterstützen das Assad-Regime. Die USA helfen Rebellengruppen. Seit Beginn des Konflikts vor mehr als fünf Jahren starben laut Schätzungen der Vereinten Nationen rund 300.000 Menschen. Millionen Männer, Frauen und Kinder sind auf der Flucht.
23 Sep 2016
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