taz.de -- Kommentar Endlagerung Atommüll: Zu billig davongekommen

Die AKW-Betreiber zahlen für die Endlagerung zu wenig. Sie profitieren sogar von der Einigung. Den Schaden hat der Steuerzahler.
Bild: Für die AKW-Betreiber eine leuchtende Zukunft, für den Steuerzahler weniger

Sie haben es sich nicht leicht gemacht in der Kommission, die die Finanzierung des Atomausstiegs sicherstellen soll. Die Positionen lagen anfangs weit auseinander. Dass sich am Ende Grüne und Union, WWF und BDI trotzdem einstimmig auf eine Empfehlung geeinigt haben, ist darum eine beachtliche Leistung.

Auch die Grundidee, die Zuständigkeit für die Endlagerung des Atommülls und die dafür gebildeten Rücklagen der Unternehmen auf den Staat zu übertragen, ist richtig. Zwar übernehmen die Steuerzahler damit das Risiko für mögliche Kostensteigerungen. Doch dass die heutigen Betreiber noch existieren, wenn diese Mehrkosten in 50 Jahren oder später anfallen, ist alles andere als sicher.

Schließlich bricht ihr Geschäftsmodell, das auf Kohle und Atom beruht, in den nächsten Jahren komplett weg. Insofern ist es klug, den Unternehmen lieber jetzt so viel Geld abzunehmen wie möglich – statt später mit leeren Händen dazustehen. Doch leider verlangt die Kommission von den Konzernen eben nicht so viel Geld, wie möglich gewesen wäre.

Stattdessen lässt sie die Betreiber viel zu billig davonkommen. Das zeigt sich nicht an der erwartbaren Kritik von Umweltverbänden – sondern an der eindeutigen Reaktion der Aktienmärkte: Unmittelbar nachdem die Einigung bekannt wurde, sind die Kurse von Eon und RWE steil nach oben geschossen. Die kühl rechnenden Aktionäre gehen also davon aus, dass die Konzerne von der Einigung finanziell profitieren.

Dass am Ende der Steuerzahler einen Teil der Endlagerkosten zahlt, steht seit heute also so gut wie fest. Wie groß der Schaden für die öffentliche Hand ist, wird erst die Zukunft zeigen. Um den Schaden zu minimieren, müssen alle Beteiligten nun zumindest genau darauf achten, dass der mühsam gefundene Kompromiss bei der gesetzlichen Umsetzung nicht noch weiter im Sinne der Konzerne aufgeweicht wird. Denn die sind selbst mit diesem großzügigen Angebot noch nicht zufrieden.

27 Apr 2016

AUTOREN

Malte Kreutzfeldt

TAGS

Schwerpunkt Atomkraft
Umweltschutz
Atommüll
Atommüllendlager
Energiekonzerne
Brennelement
Atommüll
Schwerpunkt Atomkraft
Atommüll
Schwerpunkt Atomkraft

ARTIKEL ZUM THEMA

Brennelementesteuer vor dem Ende: Ab 2017 sparen Atomkonzerne

Linke und Grüne fordern eine Verlängerung der Brennelementesteuer. Die zuständige SPD-Ministerin zeigt sich grundsätzlich aufgeschlossen.

Endlagerkommission zu Atommüll: Müllabfuhr hat 50 Jahre Verspätung

So schnell geht es nicht mit der sicheren Lagerung des deutschen Strahlenmülls. Im 22. Jahrhundert könnte es aber klappen, sagen die Experten.

Endlagerung von Atommüll: Freikauf für 23,3 Milliarden Euro

Die AKW-Betreiber haben sich mit der Atomkommission geeinigt, die vollen Kosten der Abfallentsorgung zu tragen. Sie sollen sie an einen staatlichen Fonds zahlen.

Endlagerkosten in Deutschland: Atomkonzerne verzögern weiter

Die Finanzkommission ist sich einig über einen Risikoaufschlag. Doch die Betreiber wollen immer noch nicht zahlen.

Unternehmen fordern Schadenersatz: Atomkonzerne jammern – und klagen

Die Großkonzerne machen Verluste. Vor Gericht kämpfen Eon, RWE und Vattenfall um Entschädigung für den Atomausstieg.