taz.de -- Kommentar Flüchtlingspolitik der CSU: Seehofer plustert sich auf

Mit populistischen Vorschägen zur Flüchtlingspolitik macht die CSU der AfD Konkurrenz. Und Horst Seehofer setzt auf Vernebelungstaktik.
Bild: Inside Seehofer? „Bier: immer gut. Flüchtlinge: eher nicht.“

Wenige Tage vor ihrer rituellen Jahresklausur im Wildbad Kreuth haut die CSU fast schon im Stundentakt einen Vorschlag nach dem anderen raus, der eine populistischer als der andere. Mit diesem Getöse will sie am rechten Rand Boden gut machen und die AfD klein halten, die in Umfragen bundesweit und in Bayern zuletzt bei bis zu zehn Prozent lag.

Jetzt hat CSU-Chef Horst Seehofer seine alte Forderung nach einer verbindlichen „Obergrenze“ für die Aufnahme von Flüchtlingen erneuert und erstmals eine konkrete Zahl genannt, bei der seiner Meinung nach Schluss sein soll mit der christlichen Barmherzigkeit. Maximal 200.000 Flüchtlinge pro Jahr könne Deutschland im neuen Jahr aufnehmen, alles andere sei „zu viel“. Doch so konkret die Zahl klingt, so schwammig bleibt, wie Seehofer seine ominöse Obergrenze umzusetzen gedenkt.

Mit Grenzkontrollen, Mauern und Schießbefehl an der Grenze, sobald sich der erste Flüchtling nähert, der über dem Limit liegt? Ärgerlich ist auch, dass der CSU-Chef bewusst die unterschiedlichen Themen Einwanderung und Asyl vermischt, indem er gezielt aus dem Ausland angeworbene Fachkräfte oder EU-Bürger, die von der innereuropäischen Freizügigkeit Gebrauch machen, gegen Bürgerkriegsflüchtlinge aus Syrien aufrechnet, und damit ökonomisches Eigeninteresse über jede humanitäre Verpflichtung stellt.

Die Unschärfe seiner Forderung ist aber politischem Kalkül geschuldet. Es ist schließlich keine drei Wochen her, dass Seehofer beim CDU-Parteitag den Streit um Obergrenzen, Begrenzung, Reduzierung der Flüchtlingszahlen oder Kontingente zu einem reinen Streit um Worte erklärt hat, der nur Sprachwissenschaftler interessiere. Doch ein europäisches Kontingent für Bürgerkriegsflüchtlinge aus Syrien, wie es CDU und SPD gerade erst auf ihren Parteitagen beschlossen haben, ist etwas ganz anderes als ein Limit für die gegenwärtige Flüchtlingsaufnahme, wie es Seehofer vorschwebt – es wäre eine zusätzliche Verpflichtung.

Seehofer möchte diesen Unterschied gerne verwischen, daher die Vernebelungstaktik. Denn es könnte gut sein, dass Seehofer im laufe der Jahres einem zusätzlichen Kontingent von 200.000 Flüchtlingen zustimmen muss, die seine Koalitionspartner aufzunehmen bereit wären – egal, wie viele Flüchtlinge weiter auf dem Landweg dazu kommen. Beide Seiten könnten dann aber behaupten, sich durchgesetzt zu haben. So geht Politik in dieser Großen Koalition.

3 Jan 2016

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Daniel Bax

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