taz.de -- Wahlkampf in Saudi-Arabien: Es gibt Kandidatinnen

865 Frauen wollen es wissen und bewerben sich um einen Sitz in einem der 284 Gemeinderäte im Königreich. Konservative Geistliche warnen vor „moralischem Übel“.
Bild: Dürfen künftig wählen und gewählt werden: Frauen in Saudi-Arabien.

Riad dpa/afp | Rund 865 Frauen stellen sich in dem erzkonservativen islamischen Königreich Saudi-Arabien als Kandidatinnen bei der Abstimmung über die Lokalräte zur Wahl. Es ist das erste Mal in der Geschichte des Landes, dass Frauen als Kandidatinnen oder Wählerinnen an einer Abstimmung teilnehmen. Insgesamt können die Bürger am 12. Dezember nach offiziellen Angaben über 6.140 Kandidaten abstimmen. Am Sonntag begannen die Wahlkampagnen.

Erstmals dürfen bei dem Urnengang Frauen wählen und kandidieren. In die Wählerlisten eingeschrieben haben sich nach amtlichen Angaben nur 130.600 Frauen, etwa zehn Mal weniger als Männer.

Kundgebungen für Wählerinnen sind den Frauen nach Angaben der Wahlkommission nicht erlaubt. Auch gemeinsame Wahlkundgebungen von Männern und Frauen sind verboten. Kandidatinnen könnten sich etwa über das Fernsehen vorstellen oder ihre Inhalte über einen Sprecher öffentlich machen, hieß es. Porträts dürfen weder männliche noch weibliche Bewerber öffentlich aufhängen.

Die Wahlbehörden untersagten zudem bereits die Kandidatur von zwei Frauen, Ludschain Hathlul und Nassima al-Sadah. Hathlul hatte im Dezember 2014 versucht, mit dem Auto aus den Vereinigten Arabischen Emiraten über die Grenze nach Saudi-Arabien zu fahren. In dem Land, das als einziges weltweit Frauen das Autofahren untersagt, war sie deswegen zwei Monte lang inhaftiert. Hathlul kündigte an, sie werde gegen das Verbot ihrer Kandidatur vorgehen.

Al-Sadah wurde nach eigenen Angaben am Samstagabend ohne Nennung von Gründen darüber unterrichtet, dass sie nicht antreten dürfe. Sie brach daraufhin ihren Wahlkampf ab.

Der im Frühjahr verstorbene König Abdullah hatte vor vier Jahren die Teilnahme von Frauen an Wahlen per Erlass möglich gemacht. Konservative Geistliche warnen seitdem vor „moralischem Übel“.

Frauen spielen im politischen Leben des sunnitischen Königreichs praktisch keine Rolle. Sie dürfen noch nicht einmal Auto fahren. Allerdings hatte Abdullah vor mehr als zwei Jahren 30 Frauen in den 150-köpfigen Schura-Rat berufen, der die Regierung berät. Die Macht der zuletzt 2011 gewählten 284 Lokalräte ist begrenzt. Zwei Drittel ihrer Mitglieder werden durch Wahlen bestimmt, der Rest wird ernannt.

29 Nov 2015

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