taz.de -- Besuch der Zentralafrikanischen Republik: Der Papst an der Kriegsfront
„Glaube siegt über Angst“: Franziskus besucht die verelendete Stadt Bangui. Die Sicherheitsvorkehrungen sind immens – wie auch die Erwartungen.
Berlin taz | Es kommt selten vor, dass ein Papst in ein Kriegsgebiet fährt. Und wohl noch nie hat ein Papstbesuch unter so gigantischen Sicherheitsvorkehrungen stattgefunden wie die Visite von Papst Franziskus am Sonntag in Bangui, Hauptstadt der Zentralafrikanischen Republik.
4.000 UN-Blauhelmsoldaten mit Panzerfahrzeugen schützten die fünf Kilometer lange Route des Papstes vom Flughafen in die Stadt, dazu kamen 2.000 Sicherheitsbedienstete zum Fernhalten der Menschenmenge sowie französische Kampftruppen auf Stand-by, ein Kampfhubschrauber in der Luft und ein zum sofortigen Evakuierungsflug bereitstehendes Sanitätsflugzeug auf der Rollbahn.
Bangui ist eine verelendete Stadt, in weiten Teilen dem Terror sich christlich nennender Milizen ausgesetzt, die in den vergangenen zwei Jahren fast alle Muslime der Stadt verjagt und getötet haben. Für viele Menschen dort ist ein Papstbesuch in etwa so, als sei der Messias auf Erden erschienen. Die Erwartungen sind immens. „Seit zwei Jahren weinen wir“, sagte eine von Journalisten befragte Gläubige. Eine andere: „Wir beten, dass mit dem Papst der Frieden kommt.“
In einer Rede vor Ehrengästen sagte der Papst nach seiner Ankunft, er komme als „Pilger des Friedens“. Er rief die Menschen auf, sich „der Versuchung zu widersetzen, Angst vor dem Nächsten zu haben“. Staatschefin Catherine Samba-Panza bat das katholische Kirchenoberhaupt „im Namen der gesamten Führungsschicht des Landes“ um Vergebung für „die Schreckenstaten, die im Namen der Religion von Menschen verübt worden sind, die sich für Gläubige halten“. Sichtlich ergriffen sagte sie dem Papst, sein Besuch sei „ein Sieg des Glaubens über die Angst“.
Besuch eines Vertriebenenlagers
Alle Welt hatte dem Papst aus Sicherheitsgründen abgeraten, sich nach Bangui zu begeben. Nach dem offiziellen Empfang besuchte er ein Vertriebenenlager. Später waren Treffen mit christlichen Jugendlichen sowie eine Messe in der Kathedrale von Bangui geplant. Unklar blieb noch nach seiner Ankunft, ob der heikelste Punkt seines Programms stattfinden würde oder nicht: ein Besuch der einzig verbliebenen funktionierenden Moschee Banguis im einzigen noch übrigen muslimischen Stadtviertel PK5. Dort war es erst vor wenigen Wochen wieder zu fürchterlichen Lynchmorden an Muslimen gekommen.
Bangui überschattet die anderen Stationen der ersten Afrikareise des Papstes. Am Mittwoch war Papst Franziskus in Kenia eingetroffen, danach reiste er nach Uganda weiter, das er am frühen Sonntag verließ. Alle drei Länder dieser Reise sind multikonfessionell und traditionell von großer religiöser Toleranz geprägt, die aber in den letzten Jahren gelitten hat. In Kenia durch die Angriffe islamistischer Milizen aus Somalia, in Uganda durch islamistische Terroranschläge und das Wüten der sich katholisch nennenden „Lord‘s Resistance Army“ (LRA), in der Zentralafrikanischen Republik durch den noch nicht überwundenen Bürgerkrieg.
In Kenia hatte der Papst das Nebeneinander von Reichtum und Elend in der Hauptstadt Nairobi gegeißelt, in Uganda hatte er appelliert, „unsere Tore nicht vor den Schreien der Armen und Leidenden zu verschließen“. Außerdem besuchte er in der Hauptstadt Kampala den Schrein der ersten katholischen Missionare, die dort zu Beginn der Kolonialzeit getötet worden waren und die die Kirche als Märtyrer verehrt.
Ihr seid alle Märtyrer, rief der Papst einer Menge von Jugendlichen zu und riss sie förmlich zu Begeisterungsstürmen hin: „Seid ihr bereit, Hass in Liebe zu verwandeln?“ hatte er rhetorisch gefragt; „seid ihr bereit, Krieg in Frieden zu verwandeln?“ „Jaaa!!“ hatte die Menge gerufen. In Bangui dürfte so etwas schwieriger sei.
29 Nov 2015
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