taz.de -- NSU-Prozess in München: Zschäpes Anwälte müssen bleiben

Die Verteidiger Heer, Stahl und Sturm werden die Angeklagte im NSU-Prozess weiter verteidigen. Ein Befangenheitsantrag gegen die Richter wurde abgelehnt.
Bild: Ob sie wollen oder nicht, sie bleiben Zschäpes Anwälte: Anja Sturm, Wolfgang Heer und Wolfgang Stahl (r.).

München dpa | Im Münchner Prozess um die NSU-Mordserie ist erneut ein Befangenheitsantrag gegen die Richter des Oberlandesgerichts (OLG) gescheitert. Ein Richtergremium wies den Antrag zurück, wie am Dienstag vor Beginn der Verhandlung zu erfahren war. Das Verfahren kann damit planmäßig weitergehen.

Gestellt hatte den Antrag der mutmaßliche Terrorhelfer Ralf Wohlleben. Er begründete ihn damit, dass die Hauptangeklagte Beate Zschäpe nicht mehr „ordnungsgemäß verteidigt“ werde, was auch ihn als mutmaßlichen Helfer Zschäpes betreffe. Wohlleben bezog sich dabei auf den seit Monaten andauernden Streit unter Zschäpes Anwälten.

Zu entscheiden hatten über den Befangenheitsantrag nicht die betroffenen Richter im NSU-Prozess, sondern andere Richter des OLG. Sie attestierten jedoch ihren Kollegen, sie hätten sich „zu jedem Zeitpunkt im Rahmen der Strafprozessordnung bewegt“. Die schriftliche Begründung wurde nicht im Prozess verlesen. Sie liegt der Deutschen Presse-Agentur vor.

In einer der ersten Amtshandlungen nach diesem Beschluss verkündete der Vorsitzende Richter Manfred Götzl, dass er und sein Senat eine Abberufung der drei ursprünglichen Zschäpe-Verteidiger Wolfgang Heer, Wolfgang Stahl und Anja Sturm abgelehnt hätten. Bei diesem Streit geht es um die angekündigte Aussage Zschäpes nach zweieinhalb Jahren Schweigen.

Zeit genug, sich auf die Lage einzustellen

Heer, Stahl und Sturm halten eine Aussage für falsch und setzen nach eigenem Eingeständnis auf eine Schweigestrategie. Sie hatten darüber geklagt, das Gericht verhandele hinter ihrem Rücken insgeheim mit Zschäpes neuen Verteidigern, Mathias Grasel und Hermann Borchert, über eine Aussage. Sie könnten die Angeklagte darum nicht mehr ordnungsgemäß verteidigen.

Dem widersprach das Gericht. Heer, Stahl und Sturm wüssten bereits seit Juli aus einem Brief Zschäpes, dass sie eine Aussage für möglich halte, sagte Götzl. „Sie hatten Zeit, sich auf die Lage einzustellen.“

Den Vorwurf, er habe heimlich mit Grasel und Borchert verhandelt, wies Götzl zurück. Konkret habe er erstmals am 9. November erfahren, dass Zschäpes Aussage tatsächlich bevorstehe. Er habe das unmittelbar am nächsten Verhandlungstag im Prozess bekanntgegeben, sagte Götzl. Zschäpe soll nach Ankündigung von Borchert und Grasel jetzt frühestens am 8. Dezember eine Erklärung verlesen lassen.

Als Zeugen waren am Dienstag zwei Polizeibeamte geladen, die Beweismittel aus den Hinterlassenschaften des NSU ausgewertet hatten. Sie präsentierten Ausschnitte von Stadtplänen für Stuttgart, Rostock, Greifswald, Schwerin, Wismar, Bielefeld, Münster und Kassel. Darauf waren Adressen zahlreicher türkischer oder islamischer Vereine, Büros von Parteien oder Politikern und jüdische sowie christliche Einrichtungen markiert. Am Mittwoch will das Gericht die Auswertung der mutmaßlichen NSU-Ausspähnotizen fortsetzen.

25 Nov 2015

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