taz.de -- Zweiter NSU-Untersuchungsausschuss: Zu viele Fragen sind noch offen
Der Bundestag versucht sich weiter in Aufklärung. Es soll vor allem darum gehen, was V-Leute wirklich wussten und wie viele Terrorhelfer es gab.
BERLIN taz | Es ist ein anderer Saal diesmal, in dem sich die Aufklärer einfinden. Aber das Thema und viele Gesichter sind vertraut. Am Mittwochmittag konstituierte sich im Bundestag ein zweiter NSU-Untersuchungsausschuss. Bereits von Januar 2012 bis August 2013 hatte sich eine erste Runde der zehnfachen Mordserie der Rechtsterroristen gewidmet. Nun sitzen einige der damaligen Abgeordnete wieder zusammen: Zu viele Fragen sind noch immer offen.
Gab es doch mehr Helfer des NSU, gar mehr Mitglieder? Wussten die V-Leute und Geheimdienste wirklich so wenig? Haben die Sicherheitsorgane aus dem Versagen gelernt? Dies treibt die Abgeordneten weiter um. „Wir haben das Thema nie ad acta gelegt“, sagt Clemens Binninger (CDU), der den Ausschuss anführt. Nun werde man parteiübergreifend den „drängenden Fragen“ nachgehen.
Tatsächlich beriefen alle Fraktionen gemeinsam den Ausschuss ein – wie schon beim ersten Mal. Auch die Anforderung Hunderter Akten und die Ladung erster Sachverständiger – Rechtsextremismusexperten und die Ombudsfrau für die NSU-Opfer, Barbara John – erfolgt am Mittwoch einstimmig.
Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU), der die Sitzung eröffnet, spricht von einer „seltenen Ausnahme, die überdeutlich macht, dass wir hier ein gemeinsames Anliegen haben“. Lammert gab den Aufklärern aber auch eine Warnung mit auf den Weg: Diese dürften bei der Arbeit mit vertraulichen Informationen keine Geheimhaltungspflichten verletzen.
Der Ausschuss blickt auch auf den NSU-Prozess in München. Dort will die Hauptangeklagte Beate Zschäpe nach vier Jahren des Schweigens doch noch aussagen, wahrscheinlich am 8. Dezember – so kündigten es zwei ihrer fünf Anwälte an. [1][Das Gericht lehnte zuletzt Entpflichtungsanträge von Zschäpes drei ursprünglichen Verteidigern als unbegründet ab], ebenso einen Befangenheitsantrag gegen die Richter. Der Aussage stünde also nichts mehr im Weg.
Binninger sagte, die Einlassung Zschäpes werde analysiert, sie kremple den Ausschuss aber nicht um. „Wir haben unsere eigene Agenda.“ Auch der SPD-Obmann Uli Grötsch gab zu bedenken, dass „eine Aussage Zschäpes nicht gleich bedeutet, dass es auch so war“.
In der nächsten Sitzung Mitte Dezember sollen daher vorerst die Sachverständigen angehört werden. Danach will der Ausschuss dort ansetzen, wo der erste endete: beim Tod der NSU-Mitglieder Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos nach einem gescheiterten Bankraub 2011 in Eisenach.
25 Nov 2015
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