taz.de -- VW-Absatz in Europa: VW spürt Dieselgate

Nach dem Abgasskandal sinken erstmals die Verkaufszahlen des Autokonzerns. Immer mehr Modelle erweisen sich als manipuliert.
Bild: Nebelkerzen bei VW? MIttellandkanal in Wolfsburg

Berlin taz | Der Skandal um manipulierte Abgas- und CO2-Emissionswerte wirkt sich nun offenbar auch auf den VW-Absatz in Europa aus. Gegen den Trend sank im Oktober die Zahl der Auslieferungen von Fahrzeugen aus dem Volkswagenkonzern. Dies teilte der europäische Autoindustrieverband Acea am Dienstag mit. Da zwischen Kundenbestellungen und Auslieferungen durchaus Monate vergehen, könnte der Absatz demnächst noch weiter sinken.

Im Oktober ging der Verkauf von Modellen der VW-Kernmarke – etwa Golf, Passat, Polo, Caddy und Tiguan – in den Staaten der Europäischen Union um 0,2 Prozent zurück. Bei der tschechischen VW-Tochter Škoda – mit ihren Modellen wie Fabia, Octavia und Superb – betrug das Minus 2,6 Prozent, bei der spanischen VW-Tochter Seat – mit Modellen wie Ibiza und Leon – war es ein Minus von 11,4 Prozent. Zuwächse erzielte die deutschen VW-Töchter Audi (plus 4,1 Prozent) und Porsche (plus 13,9 Prozent). Weltweit verzeichnete VW im Oktober – über alle Konzernmarken gesehen – ein Minus von 1,7 Prozent bei den Auslieferungen. Insgesamt stieg die Zahl der neu zugelassenen Pkw in der EU im Oktober um 2,9 Prozent.

Den Gebrauchtwagenhändlern macht die VW-Krise noch nicht zu schaffen. „Der Gebrauchtfahrzeugmarkt zeigt sich von der Berichterstattung in den Medien über die Manipulationen der Abgaswerte bisher erstaunlich unbeeindruckt“, sagte Jens Nietzschmann, Sprecher der Geschäftsführung der Deutsche-Automobil-Treuhand, die permanent den Markt beobachtet.

„Unsere Marktuntersuchungen zeigen, dass sich die Verkaufswerte der relevanten Dieselfahrzeuge zwischen Ende September 2015 und Anfang November 2015 nicht außerhalb der regulären Marktentwicklungen bewegen“, so Nietzschmann. Der Handel verkaufe also nicht mit außergewöhnlichen Nachlässen.

Fraglich ist, ob dies auch künftig so bleibt – denn mittlerweile hat VW eingeräumt, dass es bei mehr Modellen als bisher bekannt Unregelmäßigkeiten bei der Kennzeichnung der CO2-Emissionswerte und damit auch der Verbrauchswerte gegeben hat. Wie aus der „Übersicht kritischer CO2-Fahrzeuge Modelljahr 2016“ von VW hervorgeht, sind dabei sowohl Benzin- als auch Dieselfahrzeuge von insgesamt 24 Modellen betroffen, darunter Audi A1, Seat Ibiza und Leon, Škoda Fabia und Octavia, VW Golf und Passat.

Kostenübernahme zur Entlastung?

Volkswagen setze nun alles daran, „nach Absprache mit den zuständigen Behörden schnellstmöglich eine Klärung der weiteren Vorgehensweise sowie die korrekte Einstufung und Darstellung der CO2-Werte und der Verbrauchswerte der betroffenen Fahrzeuge vorzunehmen“, sagte VW-Sprecher Hans-Gerd Bode am Dienstag. Bislang hatte VW Unregelmäßigkeiten bei der CO2-Kennzeichnung bei 800.000 Fahrzeugen eingeräumt.

Die Verbraucherzentralen pochen indes darauf, dass der VW-Konzern alle Kosten wegen des Abgasskandals für die Autobesitzer übernimmt. Der Chef des Verbraucherzentralen-Bundesverbands, Klaus Müller, rief Bundesverkehrsminister Dobrindt (CSU) auf, dies per Weisung an das Kraftfahrtbundesamt verpflichtend in die Wege zu leiten. Nach wie vor fehle eine eindeutige Erklärung des Autokonzerns dazu, so Müller.

17 Nov 2015

AUTOREN

Richard Rother

TAGS

Auto-Branche
Dieselskandal
Volkswagen
Diesel
Emissionen
Volkswagen
Dieselskandal
Auto-Branche
BMW
Dieselskandal
General Motors
Renault
Dieselskandal
Bosch
Whistleblower
Umweltbehörde
Volkswagen
Volkswagen
Volkswagen
Dieselskandal

ARTIKEL ZUM THEMA

Kommentar Ökoautos: Stiftung Warentest muss ran

Früher half die VCD-Liste beim Erwerb von möglichst ökologischen Pkw. Nach Dieselgate haben sich seine Empfehlungen erledigt.

Ausweitung des Abgas-Skandals: Konzerne drohen, Politik schweigt

Auch Mercedes und BMW könnten beim Abgastest betrogen haben. Das Verkehrsministerium reagiert nicht. Daimler droht der Deutschen Umwelthilfe.

Umweltbundesamt vs. Dieselautos: Keine Vergünstigungen mehr?

Nach dem VW-Skandal wächst der Druck auf Hersteller und Nutzer von Dieselautos. Das Umweltbundesamt will, dass diese künftig höher besteuert werden.

Ausweitung des Abgasskandals: Aufklärung statt Drohungen

Kaum zu glauben. Monatelang haben die Automobilkonzerne wegen ihrer Abgaswerte gemauert. Jetzt weisen sie jede Schuld von sich.

Hohe Abgaswerte bei Autoherstellern: Erst Dreck, dann Druck

Fahrzeuge von Mercedes und BMW zeigen in Tests überhöhte Werte. Die Hersteller bestreiten die Probleme – und bedrohen Prüfer und Medien.

CO2-Affäre betrifft viel weniger Autos: VWs Nebelkerze

Im Skandal um geschönte CO2-Werte meldet VW Entwarnung. Doch das ist ohnehin nur ein Nebenskandal. Neues zum „Dieselgate“ gibt es Donnerstag.

Manipulierte Abgaswerte bei Volkswagen: Einfacher, als die Polizei erlaubt

VW will die Motoren mit simplen Maßnahmen sauberkriegen. Wenn das so einfach ist, warum hat der Konzern es nicht früher gemacht?

Skandal um Abgastests weitet sich aus: Renault stinkt auch

Umweltschützer finden bei einem Renault Espace extrem hohe Schadstoffemissionen. Und auch die VW-Tochter Audi hat illegale Software genutzt.

Bundesregierung reagiert auf VW-Affäre: TÜV soll auch Motorsoftware prüfen

Als Reaktion auf die Abgas-Affäre bei Volkswagen soll nun die Motorsoftware von unabhängigen Prüfern untersucht werden. Bisher war die Regierung dagegen.

VW-Abgasaffäre: Jetzt auch noch Bosch

VW-Zulieferer Bosch könnte von den Schummeleien gewusst haben. VW muss betroffene Fahrzeuge in den USA womöglich zurückkaufen.

DGB-Untersuchung zu Whistleblowern: Der Informant schadet sich selbst

Wer Missstände in der Firma meldet, ist in Deutschland nicht gesetzlich abgesichert. Ein DGB-Gutachten belegt: Das ist völkerrechtswidrig,

VW in den USA: Shoppen gegen den Diesel-Frust

VW muss in den USA am Freitag Vorschläge für einen Rückruf der manipulierten Diesel-Fahrzeuge vorlegen. Der Konzern verteilt derweil Einkaufsgutscheine.

Kommentar Schadenersatz bei VW: Der Konzern muss bluten

VW darf sich nicht aus der Affäre ziehen. Betroffene Autos sollten zurück an die Firma gehen. Sie sollte ihren Betrug teuer bezahlen müssen.

Abgasbetrug bei VW: Das Auto, dein Baby

Wie verkauft Volkswagen in Zeiten der Abgaskrise eigentlich seine fetten SUVs? Ein Besuch im Autohaus.

Klagen gegen VW: Unbestrafbare Firmenkriminalität

Trotz des VW-Skandals lehnt nicht nur die Wirtschaft Strafen für Unternehmen ab. Ein entsprechender Gesetzentwurf hat keine Chance.

Luftverschmutzung in Deutschland: Dicke Luft dank Diesel-Autos

Hunderttausende Bundesbürger leiden unter zu hohen Belastungen durch Stickoxide, vor allem Anwohner von Hauptstraßen.