taz.de -- CO2-Affäre betrifft viel weniger Autos: VWs Nebelkerze
Im Skandal um geschönte CO2-Werte meldet VW Entwarnung. Doch das ist ohnehin nur ein Nebenskandal. Neues zum „Dieselgate“ gibt es Donnerstag.
Frankfurt rtr | Der Skandal um geschönte CO2-Angaben bei Volkswagen hat ein viel geringeres Ausmaß als ursprünglich bekannt. „Bei den internen Nachmessungen wurden nur noch bei neun Modellvarianten der Marke Volkswagen leichte Abweichungen festgestellt“, teilte der Konzern am Mittwoch mit. Betroffen sei damit eine Jahresproduktion von etwa 36.000 Pkw.
Anfang November war VW von insgesamt rund 800.000 Fahrzeugen mit gefälschten CO2- und damit Verbrauchsangaben ausgegangen. Die erneute Prüfung habe nur leichte Abweichungen ergeben, sodass die EU-Vorgaben zu Grenzwerten für den Ausstoß des klimaschädlichen Treibhausgases Kohlendioxid (CO2) eingehalten werden.
Die Manipulation der CO2-Werte war Anfang November herausgekommen. Nach Befürchtung von Betriebsratschef Bernd Osterloh kann diese Schummelei in Europa die Kunden stärker abschrecken als der im September bekannt gewordene ungleich viel größere weltweite Betrug mit Diesel-Abgaswerten. Der Wolfsburger Konzern steckt seither in der tiefsten Krise der Firmengeschichte und kämpft um das Vertrauen der Kunden.
„Die Realverbrauchswerte der Kunden ändern sich nicht, zudem sind keine technischen Maßnahmen an den Fahrzeugen notwendig“, teilte Volkswagen mit. Im Mittel sei der CO2-Ausstoß, der in der EU generell bis 2020 auf durchschnittlich 95 Gramm von derzeit 120 Gramm pro Kilometer sinken soll, nur wenige Gramm höher als angegeben. Der Spritverbrauch sei nach dem derzeit geltenden Messverfahren ein bis zwei Zehntel Liter höher pro 100 Kilometer.
Weniger Kosten wegen der CO2-Affäre
VW-Chef Matthias Müller will am Donnerstag in Wolfsburg über die jüngsten Erkenntnisse im Diesel-Abgasskandal informieren. Analysten rechneten bisher mit 20 bis 40 Milliarden Euro Kosten durch „Dieselgate“ für Rückrufaktionen, Geldstrafen und milliardenschwere Schadensersatzklagen vor allem in den USA.
Wegen des CO2-Schummels hatte VW zunächst mit zwei Milliarden Euro Belastung gerechnet. Dazu hieß es nun, ob diese Kosten geringer seien, hänge von erneuten Nachmessungen ab, die ein neutraler Technischer Dienst unter behördlicher Aufsicht bis Weihnachten vornehmen soll.
Volkswagen hatte nach der Enthüllung durch die US-Umweltbehörde EPA in den USA Mitte September zugegeben, in weltweit rund elf Millionen Diesel-Autos eine Software zum Herunterregeln des Stickoxid-Ausstoßes eingebaut zu haben, sodass die Grenzwerte zum Schutz von Umwelt und Gesundheit nur auf dem Papier eingehalten wurden. Die mehr als 500 Sammelklagen gegen Volkswagen in den USA sollen in Kalifornien verhandelt werden. Dort hat die Umweltbehörde CARB ihren Sitz, die die Manipulation durch eigene Tests aufgedeckt hatte.
9 Dec 2015
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Trotz des Abgasskandals arbeitet der Nabu weiter mit VW zusammen. Dabei hatte er öffentlich erklärt hat, die Kooperation sei ausgelaufen.
Ex-Vorstandschef Winterkorn wusste möglicherweise schon 2014, dass die US-Behörden den Autohersteller auf Betrugssoftware überprüfen würden.
Verkehrsminister Alexander Dobrindt stellt sich gegen das Umweltbundesamt. Die Behörde hatte eine Erhöhung der Dieselsteuer gefordert.
Alle großen Autohersteller sollen künftig ihre Motorsoftware offenlegen, meldet „Bild am Sonntag“. Vom BUND kommt scharfe Kritik am Maßnahmenpaket.
Volkswagen sieht eine kleine Gruppe von Mitarbeitern für den Abgasskandal verantwortlich. Der Konzern verspricht eine neue „Fehlerkultur“.
Der Aufsichtsratschef verspricht konsequente Aufklärung. Für die Manipulationen in seinem Haus hat er eine interessante Erklärung.
Umweltschützer finden bei einem Renault Espace extrem hohe Schadstoffemissionen. Und auch die VW-Tochter Audi hat illegale Software genutzt.
Als Reaktion auf die Abgas-Affäre bei Volkswagen soll nun die Motorsoftware von unabhängigen Prüfern untersucht werden. Bisher war die Regierung dagegen.
VW muss in den USA am Freitag Vorschläge für einen Rückruf der manipulierten Diesel-Fahrzeuge vorlegen. Der Konzern verteilt derweil Einkaufsgutscheine.
Nach dem Abgasskandal sinken erstmals die Verkaufszahlen des Autokonzerns. Immer mehr Modelle erweisen sich als manipuliert.