taz.de -- Kommentar Hogesa-Aufmarsch: Köln ist nicht Dresden

Die „Hooligans gegen Salafisten“ werden bei ihrer Jubiläumsfeier in einer deutlichen Minderheit sein. Die Stadt steht zusammen gegen rechts.
Bild: Das soll sich nicht wiederholen: gewalttätige Hogesa-Proteste in Köln im Jahr 2014.

Es ist eine schwer erträgliche Vorstellung: Nur eine Woche nach der [1][Messerattacke eines Neonazis] auf die damalige OB-Kandidatin Henriette Reker wollen an diesem Sonntag dessen Gesinnungsgenossen gemeinsam mit gewaltbereiten Hooligans [2][in Köln aufmarschieren]. Das einzig erfreuliche: Es dürfte ein ungemütlicher Nachmittag für sie werden. Denn Köln ist nicht Dresden.

Es bedarf keiner prophetischen Gabe, um vorherzusagen, dass der Protest gegen die Jubiläumsfeier der „Hogesa“-Krawalle vor einem Jahr ein großer sein wird. Die „Hooligans gegen Salafisten“ (Hogesa) werden in einer deutlichen Minderheit sein. Es ist ein gutes und notwendiges Zeichen, dass alle demokratischen Parteien im Kölner Rat dazu aufgerufen haben, sich an den gewaltfreien Gegenaktionen zu beteiligen.

„Stellen wir uns quer gegen Rassismus und rechte Gewalt!“, heißt es in dem Aufruf von SPD, CDU, Grünen, Linkspartei, FDP, Piraten und der Wählergruppe „Deine Freunde“. Verschiedene Bündnisse – vom antifaschistischen Aktionsbündnis „Köln gegen Rechts“ bis zur KünstlerInnengruppe „AG Arsch huh“ – organisieren Gegendemonstrationen und -veranstaltungen. Sie alle wollen zeigen, dass es in der Domstadt keine Toleranz für rechtsradikales und fremdenfeindliches Denken und Handeln gibt.

Auch die Polizei scheint aus den Fehlern des Vorjahrs gelernt zu haben, als die viel zu geringen Einsatzkräfte nicht verhindern konnten, dass die braunen Schläger in der Innenstadt randalierten. 49 Beamte wurden verletzt. Die damaligen Ereignisse kamen einer Kapitulation des Rechtsstaats gleich. Das Bild eines umgekippten Polizeiwagens vor dem Kölner Hauptbahnhof wurde zum Symbol des Gewaltexzesses. Diesmal wird Polizeipräsident Wolfgang Albers alles aufbieten, damit sich so etwas nicht wiederholen kann.

Schrottareal als angemessener Ort

Ganz bitter für die Hooligans: Anders als beim letzten Mal, als sie darauf „aus Deeskalationsgründen“ verzichtet hatte, will die Polizei jetzt rigoros gegen alle „Hogesa“-TeilnehmerInnen vorgehen, die gegen das Alkoholverbot verstoßen. Eine gute Nachricht.

Die Neonazis und Hooligans dürfen diesmal erst gar nicht in die Innenstadt kommen. Stattdessen müssen sie sich auf der „Schäl Sick“, der rechten Rheinseite, auf dem Barmer Platz trollen. Es gibt kaum einen trostloseren Fleck in Köln. Wenn sich eine solch unappetitliche Veranstaltung schon nicht verhindern lässt, dann ist das Schotterareal hinter dem Deutzer Bahnhof der angemessene Ort.

Der neonazistische Attentäter hat sein Ziel nicht erreicht. Vom Krankenbett aus hat Henriette Reker am Donnerstag ihre [3][Wahl zur neuen Kölner Oberbürgermeisterin angenommen]. Am Sonntag sind die Kölnerinnen und Kölner aufgerufen, dem Hass und der Intoleranz gemeinsam entgegenzutreten: Birlikte – Zusammenstehen! Darum geht es.

23 Oct 2015

LINKS

[1] /Nach-dem-Attentat-in-Koeln/!5239569/
[2] /Hooligans-gegen-Salafisten-in-Koeln/!5244656
[3] /Neue-Koelner-Oberbuergermeisterin/!5244709/

AUTOREN

Pascal Beucker

TAGS

Schwerpunkt HoGeSa
Köln
Demonstrationen
Köln
Schwerpunkt AfD
Köln
Schwerpunkt Rassismus
Nazis
Schwerpunkt HoGeSa
Köln
Schwerpunkt Rechter Terror
Schwerpunkt Rassismus
Hooligans

ARTIKEL ZUM THEMA

Neonazidemo in Köln: Schluss nach 500 Metern

Knapp 100 Rechtsextreme werden in Köln gestoppt. Das migrantisch geprägte Kalk erreichen sie nicht. Aggressiv sind sie trotzdem.

Birlikte-Kulturfestival in Köln: Protest verhindert AfD-Auftritt

Beim Birlikte-Kulturfestival in Köln sollte auch ein AfD-Politiker auftreten. 100 Menschen besetzten kurzerhand die Bühne.

Übergriffe in Köln: Silvesterschock am Hauptbahnhof

Bürgermeisterin Reker ruft nach „ungeheuerlichen“ Gewaltvorfällen ein Krisentreffen zusammen. Die Polizei hat Sorge wegen des Karnevals.

Haftbefehl gegen Reker-Angreifer: Motiv Fremdenhass

Nach dem Attentat auf Henriette Reker geht die Bundesanwaltschaft von einem rassistischen Motiv aus. Der Angreifer wollte Angst verbreiten.

„Hooligans gegen Salafisten“: Köln bereitet Hogesa eine Pleite

Über 10.000 Nazigegner haben sich gegen 1.000 Rechte versammelt. Eine Wiederholung der Straßenschlachten des letzten Jahres ist ausgefallen.

„Hooligans gegen Salafisten“ in Köln: „Demo mit Gewaltansage“

Die Polizei stellt sich bei der Kundgebung der Rechten auf Ausschreitungen ein. Einen Marsch durch Köln gibt es nicht, das hatte ein Gericht untersagt.

Nach dem Attentat in Köln: Messerstecher mit braunen Wurzeln

Ein Mann aus dem Neonazi-Milieu stach auf Henriette Reker ein. Der Vorfall offenbare die „Radikalisierung“ der Asyldebatte.

Aufmarsch von Neonazis geplant: „Patrioten“ wollen marschieren

Neonazis und Hooligans mobilisieren nach Hamburg und Köln. Dort wollen sie gegen „Überfremdung“ und „Islamisierung“ demonstrieren.

Debatte „Hooligans gegen Salafisten“: Die Profi-Leugner

Nach der Kölner Nazidemo geben sich Politik und Polizei die größte Mühe – im Entpolitisieren. Innenminister de Maizière geht vorneweg.

Rechtsextreme gegen Salafisten: Hooligans randalieren in Köln

Mehr als 2.500 Neonazis und gewaltbereite Fußballfans haben in Köln gegen Salafisten demonstriert. Auch die Partei Die Rechte marschierte mit.