taz.de -- Nach Terroranschlag in der Türkei: Zehn weitere Festnahmen

99 Menschen starben bei dem Attentat in Ankara. Ministerpräsident Davutoglu verkündet weitere Festnahmen im Umfeld von PKK und IS.
Bild: Fast alle Leichen der Opfer wurden an die Familien übergeben – Beerdigung von Uygar Coskun am 12. Oktober in Ankara.

Ankara ap/dpa | Bei den Ermittlungen zu den Bombenanschlägen in Ankara sind zehn weitere Personen festgenommen worden. Die Verdächtigen hätten zum Teil mutmaßlich Verbindungen zur Terrormiliz Islamischer Staat, aber auch zu den kurdischen PKK-Rebellen, sagte der türkische Ministerpräsident Ahmet Davutoglu am Donnerstag.

Einige der Festnahmen standen demnach in Verbindung mit zwei PKK-Sympathisanten, die am Tag vor dem Doppelanschlag am Samstag auf Twitter vor einer Bombenexplosion in Ankara gewarnt hatten. Regierungskritiker sehen den Verdacht einer Beteiligung der PKK mit Skepsis, weil an der Demonstration, die Ziel der Attentäter war, auch viele kurdische Aktivisten teilnahmen.

Die Zahl der Toten ist unterdessen nach Angaben der Regierung auf 99 gestiegen. Fast alle Leichen seien inzwischen den Familien übergeben worden, sagte Davutoglu am Mittwochabend nach Angaben der Nachrichtenagentur Anadolu bei einem Fernsehauftritt. Unklar ist, ob in dieser Zahl die beiden Selbstmordattentäter erfasst sind, die sich am Samstag bei der regierungskritischen Friedensdemonstration in die Luft sprengten.

Der Ko-Vorsitzende der pro-kurdischen Oppositionspartei HDP, Selahattin Demirtas, äußerte am Donnerstag scharfe Kritik an einem Verbot, über die Ermittlungen zu dem Anschlag zu berichten. „Was versucht der Ministerpräsident zu vertuschen?“, fragte Demirtas. Ein Gericht in Ankara hatte am Mittwoch eine Berichterstattungssperre über die laufenden Ermittlungen zu dem Anschlag verhängt.

Die Zeitung Hürriyet hatte am Mittwoch berichtet, zwei der Selbstmordattentäter seien identifiziert worden. Zumindest einer soll demnach Verbindungen zur Terrormiliz IS haben. Es handele sich dabei um den aus Adiyaman stammenden Bruder eines Attentäters, der im Juli im südtürkischen Suruc einen Selbstmordanschlag verübt hatte.

15 Oct 2015

TAGS

Schwerpunkt Türkei
Anschlag
PKK
„Islamischer Staat“ (IS)
Selahattin Demirtas
Parlamentswahl Türkei 2015
Schwerpunkt Türkei
Recep Tayyip Erdoğan
Suruç
Schwerpunkt Türkei
Schwerpunkt Türkei

ARTIKEL ZUM THEMA

Prokurdische Partei HDP in der Türkei: Schüsse auf Co-Chef Demirtaş

Die Lage für die türkischen Kurden und Politiker aus ihren Reihen wird immer dramatischer. HDP-Chef Selahattin Demirtas entging knapp einem Anschlag.

Kurden demonstrieren in Berlin: Nicht nur ein Trauermarsch

Im Wedding hat die pro-kurdische Partei HDP zu einer Solidaritätsveranstaltung aufgerufen. Dabei ging es auch um Wählerstimmen.

„Islamischer Staat“ und PKK: Tote und Festnahmen in der Türkei

Bei Kämpfen zwischen der türkischen Armee und PKK-Rebellen sterben mehr als 20 Menschen. In Istanbul werden derweil 50 IS-Verdächtige festgenommen.

Finnischer Journalist verärgert Erdoğan: Sind Sie ein Diktator?

Wenn ein rosa Elefant im Raum steht, muss man manchmal einfach sagen, dass da ein rosa Elefant im Raum steht.

Nach dem Anschlag in Ankara: Attentäter sind identifiziert

Die Täter sollen aus dem IS-Umfeld stammen, einer soll der Bruder des Suruç-Attentäters gewesen sein. Die Opposition sagt alle Kundgebungen ab.

Regierungskritiker in Istanbul: Türkische Polizei stoppt Protest

Hunderte linke Aktivisten wurden an einem Trauermarsch durch Istanbul gehindert. Begründet wurde das mit einem Demonstrationsverbot.

Die Türkei nach dem Anschlag: Ein Land in Trauer

In vielen türkischen Städten gibt es Trauerfeiern. Die Ermittlungen konzentrieren sich derzeit auf eine IS-Gruppe in Ostanatolien.