taz.de -- Regierungskritiker in Istanbul: Türkische Polizei stoppt Protest
Hunderte linke Aktivisten wurden an einem Trauermarsch durch Istanbul gehindert. Begründet wurde das mit einem Demonstrationsverbot.
Istanbul AFP | Drei Tage nach [1][dem verheerenden Anschlag] mit fast hundert Toten in Ankara hat die Polizei am Dienstag eine geplante regierungskritische Kundgebung in Istanbul verhindert.
Hunderte vor dem Sirkeci-Bahnhof versammelte linke Aktivisten wurden von Sicherheitskräften an einem Trauermarsch durch die Stadt gehindert. Zur Begründung wurde auf ein in der Nacht erlassenes Demonstrationsverbot verwiesen. Vereinzelt gab es Handgreiflichkeiten.
Im Stadtteil Gazi, einer Hochburg der politischen Linken, gab es bereits in der Nacht gewaltsame Ausschreitungen. Maskierte Demonstranten warfen Molotowcocktails auf Sicherheitskräfte. Am Taksim-Platz wurde die U-Bahnstation geschlossen. In Ankara zerstörten Sicherheitskräfte vor dem Bahnhof, wo der Anschlag verübt worden war, ein verdächtiges Paket.
Bei dem Anschlag auf eine eine Friedensdemonstration linker Gruppen waren am Samstag mindestens 97 Menschen getötet und mehr als 500 weitere verletzt worden. Laut der türkischen Regierung wurde er von zwei Selbstmordattentätern verübt. Ankara erklärte die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat zum Hauptverdächtigen.
Staatschef Recep Tayyip Erdogan dürfte sich am Dienstagabend bei einer Pressekonferenz mit dem finnischen Präsidenten Sauli Niinistö erstmals seit dem Attentat öffentlich äußern. Am Sonntag will Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zu Gesprächen mit Erdogan in die Türkei reisen – nach jüngsten Angaben der Bundesregierung nach Istanbul und nicht nach Ankara.
13 Oct 2015
LINKS
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Bei Kämpfen zwischen der türkischen Armee und PKK-Rebellen sterben mehr als 20 Menschen. In Istanbul werden derweil 50 IS-Verdächtige festgenommen.
99 Menschen starben bei dem Attentat in Ankara. Ministerpräsident Davutoglu verkündet weitere Festnahmen im Umfeld von PKK und IS.
Die Regierung hat den Polizeichef und die Leiter der Geheimdienst- und Sicherheitsabteilung der Polizei von Ankara suspendiert. Minister müssen nicht zurücktreten.
In vielen türkischen Städten gibt es Trauerfeiern. Die Ermittlungen konzentrieren sich derzeit auf eine IS-Gruppe in Ostanatolien.
Die Türkei steht kurz vor dem Bürgerkrieg. Entscheidend wird sein, ob Präsident Erdoğan die Spaltung der Gesellschaft weiter vorantreibt.
Die Staatsmacht zeigt nach dem Terroranschlag in der Türkei wenig Sensibilität für die Betroffenen. Polizisten gehen mit Reizgas gegen Demonstranten vor.
Die Opferzahl des Terrorakts in Ankara steigt auf 86. Opposition und Regierung sind entsetzt. Die PKK lässt vorerst die Waffen ruhen.