taz.de -- Kommentar Krieg in Syrien: Bescheidene Hoffnung
Moskau und Washington suchen endlich gemeinsam nach einem Ausweg in Syrien. Der Krieg wird wohl trotzdem noch lange dauern.
Der verbrecherische Diktator Baschar al-Assad bleibt – zumindest vorläufig – weiter im Amt, sein Regime dürfte zunächst weiter gestärkt werden. Diese Meldungen stehen im Zusammenhang mit neuen diplomatischen Bemühungen und hätten noch vor Kurzem nur blankes Entsetzen auslösen können. Zumindest bei allen, denen Menschenrechte etwas bedeuten. Und jetzt? Jetzt liefern die jüngsten Initiativen Anlass zu – sehr vorsichtigem – Optimismus. Ein absurd erscheinender Widerspruch.
Allerdings nur auf den ersten Blick. Denn die Erleichterung gründet ja vor allem darin, dass Moskau und Washington endlich gemeinsam nach einem Ausweg aus der völlig verfahrenen Lage in Syrien suchen. Wenigstens die Gefahr einer unmittelbaren militärischen Konfrontation der beiden Mächte ist also zunächst gebannt.
Das hätte man allerdings schneller und leichter haben können. Wenn die USA die russische Einladung zur gemeinsamen Bekämpfung des islamistischen IS-Terrors früher angenommen hätten, dann wäre der Preis für eine Zusammenarbeit wohl weniger hoch ausgefallen als jetzt. Allzu lange hatte man in Washington geglaubt, der Sturz von Assad sei nur eine Frage der Zeit und man könne Wladimir Putin wegen der Ereignisse in der Ukraine die kalte Schulter zeigen.
Ein – in politischer Hinsicht – teurer Irrtum. Russland hat demonstriert, dass an Moskau in der Region kein Weg vorbeiführt. Erfreulich für alle, die Frieden wünschen: Diese Erkenntnis setzt sich nun auch in Washington durch. Die Bereitschaft, den Iran – einen der wichtigsten Verbündeten Syriens – in Verhandlungen einzubeziehen, ist ein Hinweis auf die Lernfähigkeit der westlichen Führungsmacht. Das ist nicht ironisch gemeint. Lernfähigkeit ist ein seltenes Gut, zumal in Hauptstädten. Wie lernfähig ist das syrische Regime, wie lernfähig Moskau? Hier ist Optimismus nicht angebracht.
Was nur einer der Gründe dafür ist, dass niemand auf eine schnelle Lösung des Syrienkonflikts hoffen sollte. Der andere: Es gibt viele, die – teils zu Recht, teils zu Unrecht – mitreden wollen, wenn es um die Zukunft des Landes geht. Der Krieg wird noch lange dauern, selbst dann, wenn es doch gelingen sollte, Assad zum Amtsverzicht zu drängen. Jede andere Vorstellung wäre nicht optimistisch, sondern naiv.
28 Oct 2015
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