taz.de -- Flüchtlingsunterkunft in Niederau: Besorgte Bürger randalieren

Erneut kommt es in Sachsen zu Krawallen vor einer Flüchtlingsunterkunft. Momentan steht sie noch leer. Doch das soll sich noch am Wochenende ändern.
Bild: Bis zu 500 Menschen sollten zunächst in dem ehemaligen Supermarkt in Niederau untergebracht werden

Dresden dpa | Vor einer noch leeren Flüchtlingsunterkunft im sächsischen Niederau bei Meißen hat es in der Nacht zum Samstag Randale gegeben. Laut Polizei versuchten rund 20 teils betrunkene Demonstranten, den Bauzaun um den früheren Supermarkt umzustoßen. Dies sei aber nicht gelungen. Schon seit dem Abend hatten sich etwa 200 Gegner des Heims, darunter auch offenkundig Rechtsradikale, eingefunden.

Mitarbeiter des Technischen Hilfswerks, die in der Halle Feldbetten aufbauten, wurden beschimpft und angegriffen, eine Zufahrt zu dem Gelände zwischenzeitlich mit Autos blockiert. In dem Ex-Supermarkt sollen rund 500 Flüchtlinge unterkommen. Die ersten 200 wurden noch am Wochenende erwartet.

Wie die zuständige Polizeidirektion Dresden weiter mitteilte, war um den früheren Supermarkt bereits am Freitagnachmittag ein sogenannter Kontrollbereich eingerichtet worden. Damit darf die Polizei dort anlasslos Personen kontrollieren und durchsuchen. Solche Kontrollbereiche hatte es bereits nach fremdenfeindlichen Krawallen in Heidenau und zuletzt in Bischofswerda gegeben.

Der Bürgermeister von Niederau, Steffen Sang (parteilos), hatte bereits vor Tagen Befürchtungen geäußert, dass es in dem 1800-Einwohner-Ort zu rechten Krawallen [1][wie Ende August in Heidenau] kommen könnte. Niederau sei eingekesselt von fremdenfeindlichen Gruppen wie etwa dem Meißener „Heimatschutz“.

Im Internet riefen antifaschistische Gruppen dazu auf, noch am Samstag nach Niederau zu fahren, um sich den fremdenfeindlichen Demonstranten entgegenzustellen und die Geflüchteten willkommen zu heißen.

Demo in Leipzig, Brand in Bremen

Seit dem Mittag versammelten sich bereits in Leipzig Hunderte, um gegen eine von Rechten angemeldete Demo und für Flüchtlinge zu demonstrieren. Die Polizei riegelte den Zugang zur Innenstadt für den Verkehr weiträumig ab.

Auch in Bremen ermittelt die Polizei nach einem versuchten Brandanschlag auf ein Zelt, in dem Flüchtlinge untergebracht werden sollen. Wie ein Polizeisprecher am Samstag mitteilte, wurden am Vormittag in dem Zelt im Stadtteil Blumenthal Brandspuren an den Bodenbrettern eines Notausgangs entdeckt. Neben der Polizei ermittelt auch der Staatsschutz. Nach Angaben des Sprechers sollen Mitte Oktober Flüchtlinge die Zeltunterkunft beziehen.

26 Sep 2015

LINKS

[1] /Rechte-Ausschreitungen-in-Heidenau/!5225451

TAGS

Schwerpunkt Flucht
Sachsen
Meißen
Heidenau
Schwerpunkt Rassismus
Schwerpunkt Flucht
Schwerpunkt Flucht
Heidenau
Schwerpunkt Rassismus
Mvgida
Polizei Berlin
Rechtsextremismus
Flüchtlinge
Schwerpunkt Rassismus
Schwerpunkt Angela Merkel

ARTIKEL ZUM THEMA

Rassistische Ausschreitungen in Heidenau: 48 Tatverdächtige ermittelt

Im Sommer hatten Rassisten versucht, den Einzug von Flüchtlingen zu stoppen, 30 Polizisten wurden verletzt. Nun sind Dutzende Verdächtige identifiziert.

Anschläge auf Meißner Flüchtlingsheim: Zwei tatverdächtige Männer in Haft

Fünf Monate nach einem Brandanschlag auf eine unbewohnte Flüchtlingsunterkunft in Meißen sind ein 37-Jähriger und ein 41-Jähriger gefasst worden.

Landkreis-Sprecherin über Unterkünfte: Flüchtlinge als Häuslebauer

Der sächsische Landkreis Meißen will Flüchtlinge an ihren Unterkünften mitbauen lassen. Pressesprecherin Kerstin Thöns erklärt, warum.

Rechte Gewalt in Sachsen: Mit Bierflaschen gegen Geflüchtete

In Heidenau haben Jugendliche vier Asylbewerber angegriffen. Die Täter schlugen mit Bierflaschen auf die Flüchtlinge ein.

Anschläge auf Flüchtlingsheime: Die Täter von nebenan

Wieder wurden am Wochenende Unterkünfte attackiert. Fast täglich gibt es Angriffe von organisierten Neonazis – und biederen Nachbarn.

Mecklenburg und Sachsen: Rechte Demos gegen Flüchtlinge

Am Wochenende haben Asylgegner an mehreren Orten in Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen demonstriert. In Leipzig flogen Steine auf die Polizei.

Rassismus vor Berlins Flüchtlingsheimen: „Wir schlitzen euch auf“

Neonazis bedrohen Flüchtlinge vor der Unterkunft am Glambecker Ring in Marzahn. Das war nicht der erste Vorfall rechter Gewalt.

Nach Ausschreitungen in Heidenau: Ermittlungsverfahren gegen Rechte

Allein neun Verfahren wegen Körperverletzung: In Heidenau wird nach den rechten Krawallen ermittelt. Ein Linkspolitiker fordert zügige Strafverfolgung.

Die Grünen und Flüchtlinge: Macht und Feigheit

Schneller abschieben, mehr sichere Herkunftsstaaten? Die Grünen könnten das über die Regierungen in den Ländern stoppen. Nur: Sie trauen sich nicht.

Anschläge in Freital: Büro der Linkspartei angegriffen

Eine Fensterscheibe des Büros ging zu Bruch, die Kriminalpolizei ermittelt. Einen ähnlichen Angriff gab es in der Nacht zuvor auf eine Flüchtlingsunterkunft.

Debatte Merkels Flüchtlingspolitik: Hier werden Sie regiert

„Merkel macht’s“ war die Devise der letzten zehn Jahre. In der Flüchtlingsfrage läuft das anders. Doch Merkel richtet sich nach der jeweiligen Mehrheit.