taz.de -- Landkreis-Sprecherin über Unterkünfte: Flüchtlinge als Häuslebauer
Der sächsische Landkreis Meißen will Flüchtlinge an ihren Unterkünften mitbauen lassen. Pressesprecherin Kerstin Thöns erklärt, warum.
Was hat Sie auf die Idee gebracht, Flüchtlinge an ihren Unterkünften mitbauen zu lassen?
Kerstin Thöns: Wir wissen seit Ende September, dass wir aus den Erstaufnahmen doppelt so viele Flüchtlinge übernehmen müssen wie bisher. Für deren Unterbringung sind aber nicht einmal mehr Container auf dem Markt zu bekommen. Deshalb kam der Vorschlag, aus Fertigteilhäusern Gemeinschaftsunterkünfte zu bauen. Eine Firma ist dazu bereit. Im Verwaltungsausschuss hat sich Landrat Arndt Steinbach dann grünes Licht für seine Idee geholt, dass Asylbewerber daran mitbauen sollen.
Ist das mehr als nur eine Notreaktion?
Ja, denn die Firma könnte die Häuser auch selbständig errichten. Der Gedanke steht sogar im Vordergrund, dass man eine ganz andere Beziehung zu dem hat, was man selbst gestaltet. „Ich baue mir ein Stück neue Heimat mit auf“, dürften viele Flüchtlinge empfinden. Ich finde es schlimm, dass sie sonst den ganzen Tag über nichts zu tun haben und vor Abschluss des Asylverfahrens auch keine Chance auf reguläre Arbeit haben.
Kann man den Flüchtlingen solche praktischen und fachlichen Fähigkeiten zutrauen?
Die Syrer haben nicht mehr linke Hände als wir Deutschen. Und dort wohnen sie auch in Häusern. Das ist ein bisschen so, als wenn man unter fachlicher Anleitung seine Ikea-Möbel selbst zusammenbaut. Wir werden allerdings fragen, wer sich diese Arbeiten zutraut. Vielleicht sind sogar Fachkräfte darunter.
Könnte das Meißner Beispiel Schule machen?
Jetzt muss erst einmal rechtlich geprüft werden, ob eine Mitarbeit der Asylbewerber möglich ist. Das ist eigentlich nur über Ein-Euro-Jobs für kommunale Tätigkeiten erlaubt. Wir müssen also auch erst beispielsweise mit der in Frage kommenden Gemeinde Klipphausen verhandeln. Ich bin aber optimistisch, weil die Flüchtlinge niemandem einen Arbeitsplatz wegnehmen.
Eine solche Beteiligung könnte auch die Akzeptanz unter Deutschen verbessern.
Es wird ja immer gesagt, Flüchtlinge stünden nur herum und machten nichts. Da kann es nur positiv wirken, wenn sie für alle sichtbar beim Aufbau einer Gemeinschaftsunterkunft mitwirken und dort vielleicht weitere Pflichten übernehmen.
9 Oct 2015
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