taz.de -- Deutsche Energiewende: Doch kein Exportschlager
Die heimische Energiepolitik sollte vorbildhaft sein. Nach fünf Jahren ziehen Experten jedoch eine ernüchternde Bilanz.
Berlin taz | Die Bundesregierung will die Energiewende nicht mehr um jeden Preis zum Exportschlager machen. Jedes EU-Land müsse seinen eigenen Weg zu einer kohlenstoffarmen Energieversorgung finden, sagte der für die Energiewende zuständige Staatssekretär Rainer Baake. Allerdings dürfe es auch keine Renationalisierung geben, warnte der Grünen-Politiker.
„Wir wollen die Energiewende nicht exportieren“, betonte Baake auf einer Konferenz des Brüsseler Thinktanks Bruegel in Berlin. Deutschland habe viel Lehrgeld gezahlt, räumte er ein. Allerdings trage der Ausstieg aus der Atomenergie und die Einführung erneuerbarer Energien nun Früchte. Die Erneuerbaren würden langsam in den Markt integriert, die Zeit der Subventionen gehe zu Ende.
Die Energiewende war 2011 nach dem GAU in dem japanischen Kraftwerk Fukushima verkündet worden. Neben dem Ausstieg aus der Atomkraft war für Deutschland auch die Förderung neuer, exportfähiger Technologien ein zentrales Ziel.
Doch fünf Jahre später fällt die Bilanz nach Meinung von Experten ernüchternd aus. „Die Kosten für die Energiewende könnten zu hoch ausfallen“, warnt Bruegel-Forscher Georg Zachmann. Deutschland müsse mit seinen Nachbarn kooperieren, damit sich der Umbau der Energieversorgung rechnet und gleichzeitig die EU-Klimaziele erreicht werden. Die EU will den CO2-Ausstoß bis zum Jahr 2030 um 40 Prozent senken. Deutschland sieht sich dabei als Vorreiter.
Scharfe Kritik am deutschen Kurs kommt auch aus Großbritannien. „Die Energiewende ist kein Erfolg, sie hat die Preise erhöht und nicht zur Dekarbonisierung geführt“, sagte Michael G. Pollitt von der Universität Cambridge. Baake widersprach ihm: Es gebe keinen Grund, pessimistisch zu sein. Damit der Markteinstieg der Erneuerbaren gelinge, dürfe der Preis dafür allerdings nicht zu hoch sein.
29 Sep 2015
AUTOREN
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Über nichts wurde in Paris so laut geschwiegen wie über Dekarbonisierung. Dabei ist der Ausstieg machbar und bezahlbar – aber anstrengend.
Atomkraft ist kein Zukunftsmodell: Großbritannien macht sich über Bürgschaften und Preisgarantien abhängig von ausländischen Investoren.
Brauchen wir die neuen Stromtrassen von Nord nach Süd? Zwei Befürworter der Energiewende sind sich alles andere als einig.
Eine Genossenschaft kauft Grundstücke für Biobauern, um die Bodenqualität zu retten. Lokale Landwirte kritisieren das Konzept.
Mit vier Großprojekten soll die Wissenschaft den Umbau der Energiewirtschaft flankieren. Vor allem langfristige Projekte werden gefördert.
Business heißt Beschiss. Dennoch galten gerade deutsche Manager lange als Moralapostel. Da kommt der VW-Abgasbetrug gerade richtig.
Nach einem Greenpeace-Szenario ist eine Vollversorgung mit Öko-Energie bis 2050 bezahlbar und machbar – und ein Jobmotor.
Welche Eigenschaften muss ein Kraftwerk haben, damit es unterstützt werden darf? Deutschland hat geholfen, scharfe OECD-Kritierien zu verhindern.