taz.de -- Kommentar Putins Auslandspolitik: Kreml und Krieg

Putin schaut nach Syrien. Er will eine Koalition mit Assad gegen den IS. Dabei soll die Ukraine aus dem Fokus der EU geraten. Er hat nichts zu verlieren.
Bild: Putin richtet seinen Blick nach Syrien

An der ukrainischen Ostfront herrscht Waffenruhe, vorübergehend zumindest. Die vier Außenminister gaben sich nach dem Treffen in Berlin zuversichtlich. Ein längerer Waffenstillstand scheint machbar, denn auch Russland hat Interesse an der Einfrierung des Konfliktes. Die Verstetigung der Instabilität ist ein Ergebnis, mit dem der Kreml gut leben kann.

Zurzeit richtet sich Wladimir Putins Blick wieder nach Syrien. Ein Zweifrontenkrieg würde Moskau militärisch und finanziell zwar überfordern. Ein langwieriges Gemetzel wie einst in Afghanistan scheint Warlord Putin aber nicht zu fürchten. Putin war nie Stratege, aber ein gewiefter Taktiker.

Vor der UN-Vollversammlung wird der russische Präsident eine neue Anti-Terror-Allianz gegen den IS lancieren und dafür viel Verständnis ernten. Denn gegen eine konzertierte Aktion gegen den IS ist nichts einzuwenden. Aber schon einmal gab sich der Kremlchef als Ideenspender und Diktatorenstütze, der Assad mit dem Vorschlag vor dem Untergang bewahrte, seine Chemiewaffen zu vernichten.

Den syrischen Bürgerkrieg und die Mehrheit seiner 250.000 Opfer hat Assad zu verantworten. Aber die Grundstimmung hat sich gedreht. Putin hat die Gunst der Lage erkannt und versucht jetzt, den Diktator in eine Koalition gegen den neuen Feind IS einzuspannen. Durch die Stärkung Assads schreibt Russland jedoch das Blutvergießen noch auf Jahre fort. Die Fluchtwelle dürfte so schnell nicht abebben und Europa weiter über Gebühr beanspruchen.

Putins Kalkül wird sein, dass die Ukraine aus dem Fokus gerät, und eine zermürbte EU Moskau am Ende gewähren lässt. Putin hat dabei nichts zu verlieren, selbst eine gescheiterte Initiative bringt ihm Punkte ein. Einige europäische Politiker werden erwägen, ihn endlich zu rehabilitieren. Mit dem IS indes wird Russland es nicht eilig haben. Solange der im fernen Nahen Osten wütet, bleibt es daheim ruhig.

13 Sep 2015

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Klaus-Helge Donath

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