taz.de -- Massenflucht aus Burundi: Malaria, Lungenentzündung, Durchfall

Über 1.000 Menschen fliehen pro Tag aus Burundi – zumeist Kinder, viele sind krank. Die Hilfswerke in Tansania sind „massiv überlastet“.
Bild: Burundische Flüchtlinge warten auf die Registrierung in Nyarugusu, Tansania.

Berlin taz | Die Krise in Burundi treibt immer mehr Menschen in die Flucht: Über 170.000 burundische Flüchtlinge sind schon in den Nachbarländern Tansania, Ruanda und der Demokratischen Republik Kongo, berichtete das UN-Welternährungsprogramm WFP in seinem jüngsten Lagebericht. Jede Woche kämen 2.000 dazu.

Am Montag meldete das Hilfswerk „Ärzte ohne Grenzen“ (MSF) sogar 1.000 neue Flüchtlinge pro Tag allein an der grünen Grenze zwischen Burundi und Tansania. „Viele reisen in der Dunkelheit“, so MSF. Sie kommen durch dichte Wälder und über steile Berge. Die Dienste seien massiv überlastet: „Die Hilfswerke tun sich schwer, sie mit genügend Nahrung, Wasser, Obdach und medizinischer Pflege zu versorgen“, warnt MSF.

Wichtigstes Ziel derzeit ist das Flüchtlingslager Nyarugusu, etwa 20 Kilometer von Burundis Südostgrenze in Tansania gelegen. Ursprünglich wurde das Camp im Jahr 1997 für Flüchtlinge aus der Demokratischen Republik Kongo gegründet. Vor der burundischen Krise war Nyarugusu faktisch eine von Hilfswerken versorgte Kleinstadt mit 65.000 Einwohnern. Jetzt sind es 145.000, mehrheitlich Burunder. 25.000 davon kamen innerhalb des letzten Monats, über die Hälfte von ihnen sind Kinder.

Jeden Tag werden es durchschnittlich 400 mehr, berichtete am Wochenende das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR. Am 11. sowie am 17. Juli registrierten die Helfer in Nyarugusu sogar jeweils über 700 Neuankömmlinge. Für die Neuen gibt es kurzfristig keinen Platz: Sie werden in den Schulgebäuden der Kongolesen untergebracht, was diese nicht einsehen.

Nicht nur die Zahl der Flüchtlinge, auch ihre schlechte Verfassung überfordert die Helfer.“ Die Flüchtlingsfamilien, die in Nyarugusu landen, kommen in sehr viel schlechterem Zustand an als früher“, berichtete am Dienstag das Hilfswerk Save The Children. „Sie haben einen sehr anstrengenden Weg hinter sich. Wir brauchen unbedingt mehr mobile Kliniken.“ An einem einzigen Tag in der vergangenen Woche seien 30 unterernährte Kinder mit Malaria, Lungenentzündung, Durchfall, Anämie und Wurmbefall eingetroffen.

Nach UN-Angaben zählt Tansania rund 80.000 burundische Flüchtlinge. Ruanda – das täglich rund 200 Neuankömmlinge registriert – beherbergt rund 68.000, die DR Kongo rund 13.000 und Uganda rund 11.000. Derzeit planen die Hilfswerke auf der Basis einer möglichen Gesamtzahl von 200.000. Inzwischen rechnen die UN-Planer mit bis zu einer halben Million.

22 Jul 2015

AUTOREN

Dominic Johnson

TAGS

Burundi
Tansania
Flüchtlinge
Malaria
Uganda
Burundi
Burundi
Burundi
Burundi
Burundi
Burundi
Burundi
Afrika

ARTIKEL ZUM THEMA

UN-Bericht von WHO und Unicef: Immer weniger Malaria-Todesfälle

Die Zahl der weltweiten Todesfälle wegen Malaria ist seit dem Jahr 2000 um fast die Hälfte zurückgegangen. Die Fortschritte in Afrika sind geringer als in Asien.

Schönheitswettbewerb in Uganda: Miss und Mister HIV

In Uganda leben geschätzt etwa 1,5 Millionen Menschen mit HIV. Gegen Vorurteile wollen junge Ugander nun angehen: mit einem Schönheitswettbewerb.

Jugendmilizen in Burundi: Bis aufs Blut

Eine große Protestbewegung erkennt die dritte Amtszeit des Präsidenten von Burundi nicht an. Das Land rutscht in die Anarchie ab.

Burundi nach den Wahlen: Der Nachfolgestreit beginnt

Nach dem Wahlsieg von Präsident Nkurunziza will sein Hauptrivale Rwasa Vize und Erbe werden. Die Protestbewegung will ihn stürzen.

Wahlergebnisse in Burundi: Präsident überraschend schwach

In der Hauptstadt scheint Burundis Präsident Pierre Nkurunziza nicht vorne zu liegen. Auf dem Land sieht es aber anders aus.

Präsidentschaftswahl in Burundi: Ein Tag der Angst

Burundis Präsident bläst zur Wiederwahl, die Opposition will das verhindern. Mancherorts wagt sich kaum jemand in die Wahlkabine.

Menschenrechtler über Lage in Burundi: „Die Positionen sind radikalisiert“

Burundis Krise geht auf das Versagen des Präsidenten zurück, sagt Menschenrechtler Pierre-Claver Mbonimpa. Ein Gespräch über Korruption und Folter im Gefängnis.

Vor der Präsidentschaftswahl in Burundi: Spiel mit dem Feuer

Ganz Ostafrika hat Angst, dass Burundis umstrittene Wahl die Region in eine neue Gewaltspirale stürzt. Alle Seiten rüsten sich für einen Krieg.

Krise in Burundi: Tage der Angst in Bujumbura

Protestiert wird schon lange nicht mehr. Kurz vor der Präsidentschaftswahl überwiegt die Sorge vor einer bewaffneten Konfrontation.

Parlamentswahl in Burundi: Stimmabgabe als Loyalitätsbeweis

Die Wahlkommission spricht von hoher Beteiligung. Doch Journalisten in der Hauptstadt sehen kaum Wähler – und die Opposition boykottiert.