taz.de -- Gipfel der Afrikanischen Union beendet: Mugabe wird zum „Helden“ erklärt
Simbabwes Präsident fand als Leiter des AU-Gipfels den richtigen Ton: Afrika muss sich selbst retten. Viele loben ihn nun als Visionär.
Johannesburg taz | Es ist höchste Zeit, dass Afrika sich vereint und damit aufhört, die Industrienationen für seine Probleme verantwortlich zu machen: Das war der Tenor des 25. Gipfels der Afrikanischen Union (AU) im südafrikanischen Johannesburg, der in der Nacht zum Dienstag zu Ende ging.
Ausgerechnet der amtierende AU-Vorsitzende Robert Mugabe, Präsident von Simbabwe, forderte massive Investitionen in Eisenbahnlinien, Lufttransport und Computertechnologie, damit Afrika sich selbst entwickelt. Früher deutete Mugabe auf den Westen als Urheber der Probleme Afrikas. Jetzt sagte er, die Lösung liege in Afrika: „Lasst uns dem Export afrikanischer Rohstoffe ein Ende setzen. Wir brauchen eine robuste Industrialisierung und Arbeitsplätze für unsere Völker, um die Migration einzudämmen, die unsere Männer, Frauen und Kinder auf der Suche nach Jobs zu Tausenden in den Tod im Mittelmeer treibt.“
Mugabe und andere Staatschefs lobten die vergangene Woche endlich vollzogene Gründung der neuen afrikanischen Freihandelszone TFTA (Tripartite Free Trade Area), die die Zollbarrieren zwischen 26 afrikanischen Ländern von Südafrika bis Ägypten fallen lassen soll.
Elham Mahmud Ibrahim, AU-Kommissarin für Infrastruktur, verwies auf die Notwendigkeit, nun gemeinsame Energie- und Verkehrsnetze aufzubauen. „In vielen afrikanischen Ländern mangelt es an Strom, und doch haben wir Energiequellen im Überfluss: Sonne, Wind und Wasser“, sagte sie. „Was uns zurückhält, ist fehlende Infrastruktur.“ Eine Liberalisierung des Luftraums würde 155.000 Arbeitsplätze schaffen. Ein Eisenbahnnetz „vom Kap bis Kairo“ könne Rohstoffe, Waren und Menschen quer durch Afrika transportieren. Der Ausbau des Inga-Staudamms am Kongo-Fluss könne große Teile des zentralen und südlichen Afrikas versorgen.
Wie ein guter Wein
„Wir haben eine gemeinsame Zukunft“, sagte der gastgebende südafrikanische Präsident Jacob Zuma. „Um zum Erfolg zu kommen, müssen wir unsere Bemühungen bündeln. Kein Land wird es alleine schaffen.“
Die Auftritte des 92-jährigen Mugabe wurden weithin gelobt. Nigerias neu gewählter Präsident Muhammadu Buhari beschrieb den Simbabwer als „afrikanischen Helden“. Und auch viele Gipfelbeobachter scheinen der Meinung zu sein, Mugabe reife mit zunehmendem Alter, wie ein guter Wein. „Afrika braucht mehr Mugabes“, sagt der Kameruner Rodger Juda. „Wir wollen, dass uns die Weißen Arbeit geben, aber wir geben ihnen unsere Rohstoffe.“ Die Südafrikanerin Lerato Tshabalala meint: „Mugabe ist ein Visionär. Früher habe ich ihn gehasst, aber jetzt wurden mir die Augen geöffnet.“
Der Versuch der südafrikanischen Bürgerrechtsgruppe SALC (South Africa Litigation Centre), den zum Gipfel angereisten Präsidenten Sudans verhaften zu lassen, stößt auf scharfe Kritik. Der nigerianische Unternehmer Ogenyi Lawal fragt, warum niemand Tony Blair verhaften wollte, als er in Südafrika die jährliche Bergbaukonferenz Mining Indaba eröffnete. „Wenn diese Leute es mit Bashir ernst meinten, wieso verhaften sie nicht Blair, Bush und die alten Apartheidführer? Denen gehören Farmen, Diamantenminen und Unternehmen, die die Apartheid stützten. Deswegen sehen wir Mugabe als den wahren Helden Afrikas, obwohl wir wissen, dass viele seiner Bürger auf der Suche nach einem besseren Leben in andere Länder gezogen sind.“
17 Jun 2015
AUTOREN
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Nach Straßenschlachten in der Hauptstadt Harare meldet sich jetzt der 92-jährige Präsident Mugabe zu Wort. Es werde keinen Umsturz im Land geben.
Es kommt zu Straßenschlachten in der Hauptstadt Harare, nachdem die Polizei gewaltsam eine genehmigte Oppositionsdemonstration sprengt.
Kongos Inga-III-Staudamm sollte Afrikas Energiewirtschaft revolutionieren. Jetzt steht das kontroverse Projekt auf der Kippe.
Nach Jahren der Ruhe treiben Wirtschaftskrise und Polizeiwillkür die Menschen auf die Straße. Auslöser waren Einfuhrbeschränkungen.
Bei seiner Gründung genoss der ICC breite, weltweite Unterstützung – heute wird er von Kommentatoren als „neokolonial“ bezeichnet.
Südafrika hat den sudanesischen Präsidenten ausreisen lassen. Vom Wandel nach Ende der Apartheid ist nicht viel übrig geblieben.
Der sudanesische Präsident al-Bashir wird wegen Völkermordsvorwürfen per Haftbefehl gesucht. Trotzdem hat er Südafrika nun verlassen.
Sudans Präsident wird mit internationalem Haftbefehl gesucht. Trotzdem reiste er zum AU-Gipfel. Nun darf er Südafrika nicht mehr verlassen.
Beim Jahrestag der Gründung der African Union feiern sich die Politiker Afrikas selbst – und ignorieren die Flüchtlinge, die jeden Tag sterben.