taz.de -- Krise in Griechenland: Renten gerettet, Ministerium besetzt

Die Rentenkürzungen der früheren griechischen Regierung sind verfassungswidrig. Gewerkschafter besetzen derweil das Athener Finanzministerium.
Bild: Ein Plakat der PAM hängt am besetzten Finanzministerium in Athen.

Athen/Brüssel dpa | Im griechischen Schuldendrama türmen sich nach einem weiteren Krisentreffen in Brüssel schon wieder neue Probleme auf. Nach einem Urteil des Verwaltungsgerichtshofes in Athen sind die im Rahmen des Sparprogramms vor drei Jahren verhängten Rentenkürzungen verfassungswidrig und müssen zurückgenommen werden. Nach Schätzungen der griechischen Finanzpresse muss der Staat damit pro Jahr etwa 1,5 Milliarden Euro mehr aufbringen.

Ende Juni droht Griechenland die Staatspleite, wenn bis dahin keine Übereinkunft über die Auszahlung von Hilfsgeldern in Höhe von 7,2 Milliarden Euro erzielt wird. Die Geldgeber verlangen von Athen im Gegenzug ein verbindliches Reformprogramm. Dazu sollen unter anderem Rentenkürzungen gehören.

Aus Protest gegen weitere Sparpläne der Regierung besetzten rund 200 Mitglieder der kommunistischen Gewerkschaft PAME am Donnerstag das Finanzministerium in Athen. Sie befestigten ein Transparent an der Fassade mit der Aufschrift: „Wir haben genug geblutet! Wir haben genug gezahlt!“ Am Nachmittag wollten die Staatsbediensteten gegen weitere Sparpläne der Regierung Tsipras demonstrieren.

Nach wie vor verhandeln EU-Kommission, Europäische Zentralbank (EZB) und Internationaler Währungsfonds (IWF) mit Athen. Diplomaten sprachen von Annäherungen. Es zeichne sich ab, dass Athen die neuen Vorgaben für den Primärüberschuss im Haushalt (ohne Zins- und Tilgungszahlungen) hinnehmen werde. Die Geldgeber fordern für das laufende Jahr ein Prozent; Griechenland wollte bisher weniger.

ERT wieder auf Sendung

Genau zwei Jahre nach seiner Schließung ging der griechische Staatssender ERT am Morgen wieder auf Sendung. Tsipras erfüllte damit ein Wahlversprechen. Die im Januar abgewählte Regierung hatte ERT 2013 im Hauruckverfahren geschlossen und durch einen kleineren Sender ersetzt. Damals wurden alle 2600 ERT-Mitarbeiter entlassen. Wer wollte, wurde nun wieder eingestellt. Finanziert wird der neue Staatsrundfunk mit einer Gebühr von drei Euro pro Haushalt und Monat.

Die Ratingagentur Standard & Poor‘s (S&P) stufte die Kreditbewertung Griechenlands indes weiter herab. Die Bonitätsnote sinke von „CCC+“ auf „CCC“, teilten die Kreditwächter mit. Damit rutscht das pleitebedrohte Euroland weiter in den sogenannten Ramschbereich ab.

11 Jun 2015

TAGS

Griechenland
Rente
Austeritätspolitik
Gewerkschaft
Schuldenkrise
IWF
Griechenland
Griechenland
Griechenland
Griechenland-Hilfe
Griechenland
Schuldenkrise

ARTIKEL ZUM THEMA

Schuldenkrise in Griechenland: Juncker bricht Vermittlungsversuch ab

Die jüngsten Verhandlungen zwischen Griechenland und der EU-Kommission endeten ohne Ergebnis. Die Reformideen seien zu unterschiedlich.

Schuldenkrise in Griechenland: Der IWF ist raus

Der Internationale Währungsfonds zieht seine Mitarbeiter in Brüssel ab. EU-Rat und Bundesbank erhöhen verbal den Druck auf Griechenland.

Griechenland und die Gläubiger: Die Kuh auf dem Eis

Renten, Mehrwertsteuer, Überschuss: Die Differenzen zwischen Griechenland und Geldgebern bleiben groß, aber eine Annäherung wird versucht.

Syriza-Politikerin über Flüchtlinge: „Es ist katastrophal“

Die neue griechische Regierung will Flüchtlingsgefängnisse schließen. Die EU verhindert das, sagt Tasia Christodoulopoulou.

Treffen zwischen Merkel und Tsipras: „Jeder Tag zählt“

In der Nacht treffen die Kanzler und der französische Präsident den griechischen Premier in Brüssel. Konkrete Ergebnisse gibt es nicht.

EU reagiert auf Reformvorschläge: Neue Vorschläge, alte Verärgerung

Auch die jüngsten Reformvorschläge aus Athen stoßen bei der EU-Komission auf Unzufriedenheit. Dabei läuft das griechische Hilfsprogramm diesen Monat aus.

Schuldenkrise in Griechenland: Neue Reformpläne vorgelegt

Seit Monaten wird um dringend benötigtes Geld verhandelt, denn das Hilfsprogramm läuft bald aus. Nun wird der neue Vorschlag von den Gläubigern geprüft.

Schuldenkrise in Griechenland: Pokern bis zum Schluss

Griechenland verschiebt Zahlungen an den IWF auf Ende Juni. Die Sparvorschläge aus Athen und Europa gehen weit auseinander.