taz.de -- Die Taktik der Französinnen: Mehr Mut zur Sicherheit

Eben noch rechtzeitig vor dem Spiel gegen Kanada hat Frankreichs Trainer Bruno Bini die Doppelsechs entdeckt. Er selbst bezeichnet sie aber als „Opfer“.
Bild: Marie-Laure Delie (l.) jubelt nach ihrem Treffer zum 0:1 mit Frankreichs Louisa Necib (M.) und Frankreichs Elise Bussaglia

Das Sicherheitsdenken bestimmt die Arbeit der Trainer in diesen Fußballzeiten. Um möglichst sicherzugehen, lassen die meisten mit einer Doppelsechs spielen, mit doppelter Absicherung vor der Verteidigung. Mutigere Varianten wie die einst gefeierte Mittelfeldraute von Werder Bremens Trainer Thomas Schaaf gelten als gestrig.

Insofern hat Bruno Bini, der Trainer der französischen Mannschaft, sein Team beim [1][Auftakt gegen Nigeria] (1:0) in einer antiquierten Formation auf den Platz geschickt. Und damit ist nicht das Alter von Sandrine Soubeyrand gemeint, die ganz allein vor der Abwehr die Abfangjägerin spielte. Doch nach der Pause durfte die 37 Jahre alte Kapitänin nicht mehr mitspielen. Bini wollte auf Nummer sicher gehen und installierte, genau, eine Doppelsechs. Er wagte den Sprung in die Fußballmoderne. Es dürfte ihm gefallen haben, was er da gesehen hat.

Elise Bussaglia und Camille Abily bildeten das defensive Mittelfeldpaar. Von einem „Opfer“ sprach Bini nach dem Spiel. Abily gilt als die beste Fußballerin Frankreichs, als Kopf des französischen Spiels. „Sie möchte selbst gerne das Spiel machen“, so Bini. Darf sie das denn als Defensive im Mittelfeld nicht? Wahrscheinlich kann sie gar nicht anders. Und genau deshalb ist sie gut aufgehoben auf der Position sechs.

Bei der Versetzung nach hinten von einem Opfer zu reden ist ebenso antiquiert wie das Spiel mit Libero. Als Opfer wurde vor der WM 2006 Michael Ballacks freiwillige Rückversetzung bezeichnet. Lang, lang ists her. Heute würde das niemand mehr so sehen. Beispiel? Der überragende Taktgeber der vergangenen Saison in der Männerbundesliga war Nuri Sahin, eine Hälfte der Doppelsechs von Meister Borussia Dortmund. Opfer?

Buno Bini wäre also gut beraten, Camille Abily weiterhin vor der Abwehr einzusetzen. Damit erhielte Frankreichs Offensive schon früh Impulse. Zudem bekäme Supertechnikerin Louisa Necib größere Freiheiten und könnte hinter der zentralen Angreiferin Marie-Laure Delie ihren künstlerischen Freigeist ausleben. Rechts sollte die extrem schnelle Elodie Thomis den anderen davonzulaufen versuchen und links Eugenie le Sommer ihre Power ausspielen. Das könnte sehr gut aussehen. Hat ja auch schon gut ausgesehen zu Beginn der zweiten Hälfte gegen Nigeria.

29 Jun 2011

LINKS

[1] /1/sport/wm-2011-aufm-platz/artikel/1/tres-chic/

AUTOREN

Andreas Rüttenauer

TAGS

Fußball
Frauenfußball
Fußball-WM
Frauen-WM
Fußballweltmeisterschaft
Fußball
WM 2011 – Mixed Zone
Fußball
Fußball
Fußball
WM 2011 – Mixed Zone
Fußball

ARTIKEL ZUM THEMA

Kanada vor dem Spiel gegen Frankreich: Modische Maske

Kanada setzt alles daran, die verletzte Stürmerin Christine Sinclair fürs Spiel gegen Frankreich fit zu bekommen. „Sie ist unsere Anführerin“, sagt die Trainerin.

Waldi fehlt: „Ich hätte den WM-Club gern gemacht“

Waldemar Hartmann fehlt bei der Frauen-WM. Die ARD wollte lieber „Tagesschau“ und „Tatort“ – die Spielzeiten hätten nicht gepasst.

Ein Blitz traf Nordkoreas Frauen-Team: Fünf auf einen Schlag

Die Erklärung von Nordkoreas Trainer Kim, seine Spielerinnen seien von einem Blitz geschwächt worden, ist kurios. Kann sie wahr sein?

Norwegen gegen Äquatorialguinea: Soll ja Spaß machen, so eine WM

Norwegen gibt sich vor dem WM-Auftakt entspannt. Der Grund: Der Mitfavorit glaubt zu wissen, wie der geheimnisvolle Gegner Äquatorialguinea spielen wird.

Australien gegen Brasilien: So modern, so glücklich

Australien hat das jüngste Team dieser WM. Auch technisch ist es hochmodern. Zumindest neben dem Platz. Über Facebook und Twitter wird vom Team geschrieben.

Brasiliens Weltfußballerin: Wer braucht Marta?

Am Mittwoch startet der Vizeweltmeister ins Turnier. Mit dabei Brasiliens Superstar Marta. Wie wichtig ist sie, für ihr Team und für ihren Sport?

USA gewinnen gegen Nordkorea: Angriffsachse des Bösen geschlagen

Die US-Girls schlagen Nordkorea verdient mit 2:0 und zählen eindeutig zu den Favoritinnen. Schuld am nordkoreanischen Unglück war ein Blitz, sagt der Coach.