taz.de -- Frankreich zieht ins Halbfinale: Ein Sieg für den Fußball

Die Französinnen zeigten Großartiges im Viertelfinale gegen England. Und doch mussten sie bis ins Elfmeterschießen, um ins Halbfinale einzuziehen.
Bild: Les Bleues im Freundetaumel

LEVERKUSEN taz | Bruno Bini, der Trainer der französischen Nationalmannschaft sollte Recht behalten. Am Tag vor dem Viertelfinale gegen England war er sich sicher, dass seine Spielerinnen am Samstagabend ein großes Spiel verlassen haben werden. Seine Spielerinnen haben Großartiges gezeigt – 128 Minuten lang. Sie rannten und rannten und rannten.

Sie rannten auch dann noch als ihre Gegenspielerinnen nur noch über den Platz humpelten, so müde waren sie vom vielen Hinterherlaufen. Und doch brachte erst der zehnte Schuss im abschließenden Elfmeterschießen die Entscheidung. Englands Kapitänin Faye White scheiterte. Frankreich hat das Elfmeterschießen mit 4:3 gewonnen und steht im Halbfinale der Fußball-WM. Es war ein Sieg für den Fußball.

Über 87 Minuten hat es gedauert. Über 87 Minuten waren die Französinnen angefeuert von den meisten der über 26.000 Zuschauer in Leverkusen, angerannt, hatten gezeigt, wie gut sie mit dem Ball umgehen könne, haben ihre schnellen Angriffe über platziertes Passsiel eingeleitet, haben satte 24 Mal auf das englische Tor geschossen und sich doch nur gerade noch einmal so in die Verlängerung gerettet.

Kraftvoll zwar aber ideenlos war das Spiel der Engländerinnen gewesen und doch führten sie bis zum Treffer von Elise Bussaglia mit 1:0. Alex Scott hatte in der 59. Minute einen schweren Abwehrfehler der Französinnen ausgenutzt und für ein paradoxes Zwischenergebnis gesorgt. Fußball lag gegen England im Rückstand.

„Stressiges Spiel“

Am Ende feierten die meisten Zuschauer die Siegerinnen, „die verdienten Siegerinnen“, wie Torschützin Elise Bussaglia feststellte, die eines klarstellte: nicht nur die Engländerinnen seien müde gewesen am Ende des Spiels, „aber wir wollten einfach den Sieg“. Das Team habe die Müdigkeit einfach überspielt. Erst nach dem Spiel war ihr die Erschöpfung so richtig anzusehen. Sie schien kaum mehr Kraft zu haben, die Mundwinkel nach oben zu ziehen.

Camille Abily hatte damit kein Problem. Die Spielmacherin mit der Rückennummer hatte das ganze Spiel über gezeigt, was sie kann, hat sich, nachdem ihr Trainer Stürmerin um Stürmerin eingewechselt hatte, zurückfallen lassen, sich die Bälle hinten selbst abgeholt und wäre dennoch um ein Haar zur tragischen Figur des Abends geworden.

Als erste trat die beste Spielerin der Partie zum Elfmeterschießen an und schoss so schwach, dass Englands Torhüterin Karen Bardsley den Ball fangen konnte. Als „stressig“ empfand sie das Spiel, nicht nur als „anstrengend“. Und sie erklärte den Sieg ihres Team mit dem Willen der Mannschaft.

Der war in der Tat beeindruckend. „Wir haben bewiesen, dass wir immer daran geglaubt haben, zurückzukommen. Bis zum Schluss, bis zum Elfmeterschießen.“ Immer rannten die Französinnen einem Rückstand hinterher. Ob das nicht ermüdend sei, wollte einer wissen. „Wir hatten immer die geistige Kraft“, stellte Abily klar. „Wir sind Profis. In unseren Köpfen haben wir den Glauben an uns selbst.“ Den hätte Bini um ein Haar verloren, als er mit ansehen musste, wie seine Spielerinnen so lange vergeblich angerannt sind. „Ich hatte das Gefühl, im falschen Film zu sein“, sagte er nach der Partie.

Doch er hat sein Happy End noch erlebt. Sein Fazit nach diesem Abend: „Das Leben ist schön.“

9 Jul 2011

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Andreas Rüttenauer

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