taz.de -- Viertelfinale USA gegen Brasilien: Danke Marta, danke USA!

Was für ein Spiel: Eigentor, Platzverweis, Elfmeter, Hope Solo, Wiederholung, Marta, nochmal Marta, Verlängerung, Elfmeterschießen. Die USA siegen.
Bild: Hope Solo gegen Marta

DRESDEN taz | Als Aby Wambach in der Nachspielzeit der Verlängerung (120.+2) des Viertelfinales zwischen den USA und Brasilien zum 2:2 köpfte, wurde das gefeiert wie ein Sieg. Zu zehnt hatten die USA lange Zeit spielen müssen, waren, wie viele im Stadion fanden, ungerecht behandelt worden, und hatten es nicht verdient, einfach auszuscheiden. Und sie gewannen das Elfmeterschießen.

Es war das Spiel, das die größte Geschichte erzählt hat bei diesem Turnier. Mit 5:3 im Elfmeterschießen gewann die Mannschaft, die schon ausgeschieden schien, die am Boden lag. Hope Solo, die US-Torhüterin, hielt einen Elfmeter von Daiane in finalen Shootout und wurde zur Heldin dieser Geschichte. Es durfte geweint werden.

Bis dahin war Solo die Hauptrolle von der Schiedsrichterin streitig gemacht worden. Die australische Schiedsrichterin Jacqui Melksham war es, die Dynamik in ein Spiel gebracht hat, das bis zu ihrem spektakulären Auftritt eher mäßig war: 66 Minuten waren gespielt, da pfiff sie Elfmeter gegen die USA und stellte Rachel Bühler vom Platz. Die soll Marta gefoult haben, nun gut. Aber Rot? Die Amerikanerinnen waren entsetzt.

Und noch entsetzter blickten sie drein, als Frau Melksham den von Cristiane getretenen und von Hope Solo gehaltenen Elfmeter wiederholen ließ. Ja, warum das denn? Eine Spielerin war zu früh in den Strafraum gelaufen. So sind die Regeln. Marta nahm sich den Ball. Es stand 1:1.

Die USA mussten zu zehnt weiterspielen – bis zum Abpfiff nach mehr als 120 Minuten. Diese Frau Melksham. Die hat dann auch noch übersehen, dass Maurine im Abseits stand, als sie sich anschickte das 2:1 durch Marta vorzubereiten. Mannomann!

Und so wird man noch lange diskutieren, ob es wirklich richtig ist, richtig zu pfeifen. Kein Schiedsrichterlehrer wird sich finden, der sagen würde, es wäre falsch gewesen, den Elfmeter wiederholen zu lassen. Aber jede Menge Schiedsrichter werden sich finden lassen, die in einem Spiel zu der Ansicht kommen, dass eine Mannschaft mit einem Strafstoß und einem Elfmeter schon bestraft genug ist. Die Amerikanerinnen konnten einem Leid tun. Und den meisten Zuschauern taten sie auch Leid. „USA, USA!“, hallte es durch das Rudolf-Harbig-Stadion. Aber hätte es soweit überhaupt kommen müssen? Waren die USA nicht lange Zeit in Führung?

Spektakuläres Sprintrennen

Und in der Tat hatte es gut angefangen für die Amis. Vor dem Anpfiff haben die brasilianischen Abwehrspielerinnen noch einmal einen Kreis gebildet, um sich einzuschwören. Zwei Minuten später stand es 1:0 für die USA – durch ein Eigentor der Libera Brasiliens. Daiana lenkte eine scharfe Hereingabe von Shannon Box ins eigene Netz.

Doch das war durchaus nicht das einzig Bemerkenswerte in diesen ersten Minuten. Beide Teams gingen extrem motiviert zu Werke. Jede gelungene Aktion wurde von den Mitspielerinnen beklatscht, enge Zweikämpfe per Foulspiel beendet. Das Engagement stimmte. Darüber freute sich das gut gelaunte Dresdner Publikum, das das erste Mal applaudierte kurz bevor das Spiel begann. Da wurde das Flutlicht eingeschaltet. Und siehe da – es funktionierte.

Vom Spiel der beiden Mannschaften konnte man das lange Zeit nicht sagen. Zu nervös agierten alle Spielerinnen auf dem Platz. Kaum ein Angriff wurde zu Ende gespielt. Auch die USA, denen doch geschenkt worden war, wovon viele Mannschaften träumen, ein frühes Tor, ließen beinahe jede Sicherheit vermissen. Und so blieb vor allem ein Leichtathletikduell aus der ersten Halbzeit in Erinnerung. Das Sprintrennen zwischen der mit Ball schnellen Marta und der ohne Ball nicht ganz so schnellen Kapitänin des US-Teams Christie Rampone war wirklich spektakulär: Marta schoss dann drüber.

Dass die zweite Hälfte nicht viel besser begann, als die erste endete, lag an der Verunsicherung der Amerikanerinnen, die einfach nicht weichen wollte. Die schlugen die Bälle planlos nach vorne, so lange bis ein Teil des Publikums nach dem Heimatverein rief: „Dynamo, Dynamo!“. Und dann kam der Auftritt Melkshams und die Dresdner wurden zu wahren Freunden der USA. Am Ende weinten dann alle.

10 Jul 2011

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Andreas Rüttenauer

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